Detailseite
Projekt Druckansicht

Beiläufiger Erwerb des lexikalischen Wissens beim Lesen in Deutsch als Fremdsprache

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung Förderung von 2011 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 206828921
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Fortsetzungsphase des Projekts, die auch den intentionalen Wortschatzerwerb miteinbezog, hat zwei übergeordnete Forschungsthemen bearbeitet: 1) Die mentale Repräsentation neu erworbener Bedeutungen und 2) Den Erwerb grammatischer Merkmale, inbesondere des Genus. Die Untersuchungen des (in der ersten Projektphase entdeckten) Inhibitionseffekt beim Zugriff auf neu erlernte Wörter, trugen zum besseren Verständnis bei, wie ein neuer Eintrag im L2 Lexikon erstellt wird und welche Prozesse bei seinem Abruf ablaufen. Wir konnten u.a. zeigen, dass das Erstellen einer vollkommen neuen semantischen Repräsentation eine besonders komplexe Lernaufgabe darstellt und dass der Abruf einer solchen semantischen Repräsentation besonders stark durch einen Inhibitionsmechanismus unterstützt wird. Unsere Studie zu Unterschieden im Erwerbspotential von den drei Genera beim beiläufigen Erwerb war die erste ihrer Art. Insbesondere die Ergebnisse mit den L2-Probanden, die zeigten, dass das Genus von Feminina und Neutra eher beiläufig erworben wird als das der Maskulina, hat hohe Relevanz für das Verständnis einer für Deutschlerner beständig anspruchsvollen Aufgabe, dem Erwerb des deutschen Genussystems. Insgesamt konnten wir mithilfe von experimentellen, psycholinguistischen Methoden (Self-Paced Reading, Semantisches Priming mit lexikalischer Entscheidung, semantische Kategorisierung) über den gesamten Projektzeitraum eine ganze Reihe von Forschungsfragen beantworten, die den komplexen Prozess des Erlernens einer Fremdsprache besser zu verstehen helfen. Unsere Ergebnisse haben bestätigt, dass der (beiläufige) Erwerb des lexikalischen Wissens in der Zweitsprache (als auch in der Erstsprache) vielen linguistischen, zusätzlich zu nicht linguistischen, Faktoren unterworfen ist, die sowohl von dem sprachlichen Kontext abhängig sind, in dem das neue Wort erworben wird (z.B. seine syntaktische Komplexität), als auch von den internen Eigenschaften des neuen Wortes (z.B. die orthographischen Eigenschaften seiner Wortform oder der „Neuheit“ seiner semantischen Repräsentation). Darüber hinaus werden nicht nur unterschiedliche z.B. grammatische Kategorien mit unterschiedlichem Grad und Typ von Schwierigkeiten erworben, sondern zusätzlich dazu können unterschiedliche Ausprägungen von diesen Kategorien auch über ein unterschiedliches Erwerbspotential verfügen (z.B. Feminina und Neutra vs. Maskulina im L2-Deutschen). Das Projekt hat damit einen Beitrag geleistet 1) zur Erforschung des Deutschen als Fremdsprache aus psycholinguistischer Perspektive, 2) zur Untersuchung von qualitativen (im Gegensatz zu den bislang vorwiegend erforschten quantitativen) Aspekten des beiläufigen Wortschatzerwerbs beim Lesen sowie beim intentionalen Lernen in L1 und L2, 3) zur Erforschung der beiläufigen Erschließung von grammatischen Merkmalen (über den bisher fast ausschließlich erforschten Bedeutungserwerb hinaus) und 4) zu einer differenzierteren Betrachtung und Untersuchung des Bedeutungserwerbs 5) zu didaktisch relevanten Aspekten des Deutschunterrichts (wie der Genusvermittlung) und der Lehr-und Lernmitterstellung im Bereich Deutsch als Fremdsprache. Das Projekt hat außerdem gezeigt, dass der Einsatz psycholinguistischer Methoden in einem Bereich, in dem bis jetzt vorwiegend introspektive Methoden verwendet wurden, nämlich im beiläufigen Wortschatzerwerb, äußerst produktiv und gewinnbringend war. Die zukünftige Forschung würde sicherlich davon profitieren, wenn weitere Methoden, z.B. Eye-tracking oder EEG zu ähnlichen Zwecken verwendet würden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung