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Kaubewegungen, Paläodiät und Lebensweise pflanzenfressender säugetierähnlicher Reptilien der gondwanischen Trias

Antragsteller Professor Dr. Thomas Martin, seit 3/2012
Fachliche Zuordnung Paläontologie
Förderung Förderung von 2011 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 25905019
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Cynodontier innerhalb der säugetierähnlichen Reptilien nehmen eine Schlüsselrolle ein, wenn es um den Erwerb von Säugetiermerkmalen geht. Cynodontier erscheinen im späten Perm mit fleischfressenden Formen, bereits in der Untertrias tauchen jedoch auch Vertreter auf, die als Pflanzenfresser angesehen werden. Die maus- bis hundegrossen Tritylodontidae sind für das beantragte Projekt zentral, da sie die direkte Schwestergruppe der Säuger sind. So haben die Tritylodontier wie diese eine vergleichbare perfekte Passung der verbreiterten Backenzähne verwirklicht (neben weiteren anderen Säugermerkmalen). Dies wird als eine Adaption an das Kauen von widerstandsfähigen Pflanzenfasern interpretiert. Das Projekt hatte zwei Hauptziele: (1) die Kaufunktion bei Tritylodontidae zu verstehen und zu rekonstruieren. Dazu werden die Orientierung der Kontaktflächen der Zähne und anderer Funktionskomplexe sowie die darauf vorhandenen Schleifspuren quantifiziert. Dadurch können Bewegungsbahnen der Kiefer charakterisiert und mit korrespondierenden Strukturen bei pflanzenfressenden Säugetieren in Bezug gesetzt werden. Vor allem mit Hilfe des Occlusal Fingerprint Analyser (OFA) konnte die rückwärts gerichtete Kaurichtung der Tritylodontier ermittelt werden. Die virtuelle Analyse der Zahn-Kontaktflächen mit dem OFA ergab zudem, dass die Backenzähne kleiner Taxa scherende und quetschende Funktionsbereiche aufweisen, die großer Taxa aber nahezu ausschließlich scherende Funktion haben. Bei den heutigen Mauseverwandten treten morphologisch und funktionell vergleichbare Zahntypen auf, die Kaurichtig ist jedoch genau umgekehrt, also vorwärts gerichtet. Zum anderen sollen (2) die mikroskopischen Abnutzungsspuren auf den Zahnoberflächen untersucht werden. Dazu werden die sogenannten Mikrotextur-Signale (eine weitgehend automatisierte Analysemethode, die die Zahnoberflächen mit speziellen Scannern abtastet) auf ausgewählten Flächen kartiert und mit Microwear-Signaturen (einer lichtoptischen Analysemethode mit dem Stereomikroskop) ergänzt und verglichen werden, um direkte Belege zur Rekonstruktion der Ernährungsweise und zur Lebensweise dieser Gruppen zu erlangen. Eine zentrale Frage war, ob und zu welchem Grad die Tritylodontier sich vegetarisch ernährt haben. Die Resultate zeigen, dass Pflanzen eine wichtige Rolle in der Nahrungszusammensetzung der Tritylodontidae gespielt haben, aber auch andere Futterquellen genutzt wurden. Auch hier zeigen sich körpergrößenabhängige Unterschiede. So haben kleine (mausgrosse) Taxa saisonal und/oder opportunistisch ihren Speiseplan auch mit Wirbellosen mit weichem/fehlendem Außenskelett ergänzt, wozu sich ihre scherend-quetschenden Zähne hervorragend eignen. Große Taxa hingegen haben sich mit ihren ausschließlich ans Scheren angepassten Zähnen vegetarisch ernährt, wobei auch Früchte und andere pflanzliche Reproduktionsorgane aufgenommen wurden. Die mikroskopischen Abnutzungsspuren sind generell fein, so dass eine Nutzung von Muskelfleisch sowie unterirdischer (und damit sedimentverschmutzter) Nahrungsquellen ausgeschlossen werden kann. Dieses Teilprojekt hat auch gezeigt, dass die zwei verwendeten Methoden zur Mikrousur-Analyse, die eine ganz unterschiedliche Herangehensweise haben, zu fast identischen Ergebnissen kommen. Ein direkter Vergleich dieser Methoden an identischem Material stand bisher aus. Die Untersuchung der Zahnschmelzmikrostrukturen hat dem bereits publizierten Kenntnisstand leider nichts Neues hinzufügen können. Tritylodontier haben einen sehr ursprünglichen, prismenlosen Zahnschmelz ohne strukturelle Besonderheiten. Insgesamt hat sich gezeigt, dass die kombinierte Betrachtung von Kaumechanik und Abnutzungskartierung auf den Kaufacetten zu einem fundierterem und schlüssigerem Verständnis führt, wie und was gekaut wird, als die Analysen für sich allein.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2014. Dietary adaptations and mastication in tritylodontids (Synapsida, Cynodontia) based on tooth wear patterns. Abstract volume, 4th International Palaeontological Congress, Mendoza, Argentina
    Kalthoff, D.C., Schultz, J. A., Schulz-Kornas, E., Martin, T., McIoughlin, S., and Corfe, I.
  • 2014. Reconstruction dental function and mastication in tritylodontids (Synapsida, Cynodontia) with implications for dietary composition. Abstract volume, 74th Annual Meeting Society of Vertebrate Paleontology: 225
    Schultz, J. A., Kalthoff, D.C., Schulz-Kornas, E., McIoughlin, S., Corfe, I., and Martin, T.
 
 

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