Qualitätssicherung im öffentlichen Schulwesen als Rechtsproblem
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Der wichtigste wissenschaftliche Fortschritt des Projekts besteht zunächst darin, dass die im Schulrecht der Länder implementierten Instrumente zur Qualitätssicherung und -verbesserung dargestellt und unter Berücksichtigung eines verwaltungswissenschaftlichen Ansatzes in den Gesamtkontext der „Neuen Steuerung“ des Schulsystems eingeordnet wurden. Eine systematisierende Bestandsaufnahme der Rechtsnormen erfolgte – unter Einbeziehung der Erkenntnisse anderer Fachwissenschaften – hinsichtlich des zentralen und kontrovers diskutierten Qualitätsverbesserungsinstruments der schulischen Eigenverantwortung. Dabei wurde vor allem dessen Verhältnis zu den staatlichen Aufsichts- und Eingriffsbefugnissen (herkömmliche Schulaufsicht und externe Evaluation respektive Schulinspektion) dargestellt und analysiert. In den Fokus des Projekts wurde die sich für alle Qualitätsverbesserungs- und -sicherungsinstrumente stellende Frage gerückt, ob die geltenden grundgesetzlichen Normen eine bestimmte Qualität des öffentlichen Schulwesens gebieten. Diese Frage stellt sich insbesondere vor dem Hintergrund der zuvor untersuchten Eigenverantwortung der Schulen. Grundsätzlich wirkt sich die Eigenverantwortung ausweislich der Erkenntnisse anderer Fachwissenschaften qualitätsverbessernd auf das Schulwesen aus. Indes birgt sie aufgrund der damit einhergehenden Unterschiede zwischen den Schulen die Gefahr, dass ein einheitliches Qualitätsniveau ggf. nicht mehr gewährleistet werden kann. Eine Pflicht des Staates, eine bestimmte Qualität des Schulwesens zu gewährleisten, ergibt sich zum einen aus einer objektiv-rechtlichen Dimension, namentlich aus dem in Art. 7 Abs. 1 GG vorausgesetzten staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag in Verbindung mit seinen in Art. 2 Abs. 1, 20 Abs. 1 und 12 Abs. 1 GG fundierten Zielen. Daraus kann der Staat sogar objektiv-rechtlich verpflichtet sein, bestimmte Instrumente der Qualitätsverbesserung und -sicherung einzuführen, sofern sie den Status quo des Schulsystems verbessern, im Rahmen des rechtlich sowie tatsächlich Möglichen liegen und dabei kostenneutral sind. Zum anderen können eine qualitativ gute Schule und damit einhergehende Instrumente unter bestimmten Voraussetzungen grundrechtlich geschuldet sein. Die Fundierung derartiger Ansprüche im Verfassungsrecht ist vor allem von praktischer Relevanz, da Eltern und Schüler oftmals vor den Verwaltungsgerichten bestimmte Maßnahmen der Qualitätsverbesserung begehren (bspw. die individuelle Förderung oder spezifische Maßnahmen, die aus einer fähigkeits- und begabungsgerechten Beurteilung resultieren) und derartige verfassungsrechtliche subjektive Rechte nicht ohne Rückwirkung auf die Interpretation des einfachen Rechts bleiben.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern – rechtlich betrachtet, in: IfBB und DIPF (Hrsg.): Zur Rechtsstellung von Schülerinnen und Schülern – heute und morgen, Tagungsband zum 2. Deutschen Schulrechtstag, 2014, S. 35-49
Cremer, Wolfram/Füssel, Hans-Peter
(Siehe online unter https://doi.org/10.5771/9783845255552_35) - Verfassungsrechtliche Anforderungen an den Umgang mit Legasthenie und Dyskalkulie in der Schule, DVBl. 2014, S. 333-341
Cremer, Wolfram/Kolok, Katharina
(Siehe online unter https://doi.org/10.5771/9783845274386) - Die Eigenverantwortung der einzelnen staatlichen Schule im Verhältnis zur Schulaufsicht und der Schulinspektionen in den Rechtsnormen der Länder, Symposium „Bildungsrecht und Bildungsforschung“ des IfBB am 19.06.2015 in Bochum
Große, Stefanie