Zeitordnung, Zeitdisziplin und koloniale Arbeit: Hafenarbeiter in Douala, 1920-1960
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Rahmen übergreifender Fragestellungen nach kulturellen Homogenisierungs- und Differenzierungsprozessen und globalen Bewusstseins- und Interaktionsformen, wie sie die DFG-Forschergruppe 'Akteure kultureller Globalisierung' insgesamt verfolgte, beschäftigte sich das Teilprojekt D-2 mit kultur- und sozialgeschichtlichen Aspekten der Dynamik, Verstetigung und Infragestellung asymmetrisch geprägter Arbeitsbeziehungen im durch Frankreich verwalteten UN- Treuhandgebiet Kamerun. Für den Zeitraum von Ende des Zweiten Weltkriegs bis zur nationalstaatlichen Unabhängigkeit 1960 und mit Fokus auf Kameruns wie Zentralafrikas wichtigste Hafenstadt, Douala, stand dabei mit den städtischen Arbeitern eine größere Gruppe nicht-westlicher Akteure vorwiegend aus Kameruner Gesellschaften im Vordergrund, deren Perspektive und Positionierung gegenüber sich im Wandel befindlichen Arbeitsregimes und -praktiken rekonstruiert wurde. Das Teilprojekt erschloss hier gewerkschaftlich strukturierte Handlungsräume insbesondere auf transterritorialen Ebenen, auf denen Selbstbehauptungsstrategien Kameruner Arbeiter zum Tragen kamen. Gefragt wurde sowohl nach (oft ausbleibenden) Rückwirkungen auf Arbeitspolitik und -praxis im Territorium als auch nach größeren Zusammenhängen zwischen Arbeitsfragen und der umstrittenen Legitimität französischer Herrschaft im UN-Treuhandgebiet. Mit den Fragen nach (stereotypen) Repräsentation und soziologischer Forschung zu Arbeitsfragen in den 1940er und 1950er Jahren wurden im Projekt ebenso wie durch die Rekonstruktion der beruflichen Bildungs- und allgemeinen Arbeitspolitiken wichtige alltagsrelevante Aspekte der Begegnung zwischen Europäern und Afrikanern im kolonialen Kontext aufgegriffen. Gewerkschaften und ihre Aktivitäten auf lokalen, regionalen und globalen Ebenen – hier insbesondere Bildungs- und Vermittlungsprogramme – stellten einen wichtigen Faktor in der Aushandlungen von Arbeitsforderungen, aber auch in der Prägung kolonialkritischer Haltungen und somit in den Bezügen zu allgemeineren politischen Geschehnissen dar. Im französisch verwalteten Kamerun lieferten diese vor allem einen Gegenpol zu den recht unverhohlenen Bemühungen der Treuhandverwaltung, den Zugang zu und die Zirkulation von Wissen hinsichtlich Arbeitsstandards – ebenso wie hinsichtlich der in den Treuhandverpflichtungen festgeschriebenen Rechte der sogenannten verwalteten Bevölkerung Kameruns allgemein – vorsätzlich und weitflächig zu beschneiden und oppositionelle Gruppen auf allen Ebenen in ihren Aktivitäten einzuschränken. Nichtsdestotrotz entwickelten Kameruner Akteure, unter anderem unter Nutzung der Grenze zwischen dem britisch und dem französisch verwalteten Teil und den damit einhergehenden imperialen Konkurrenzen vielfältige Behauptungs- und Durchsetzungsstrategien – im Bereich der Arbeitsbeziehungen ebenso wie im (zugleich verfolgten) Streben nach Unabhängigkeit von der französischen Kolonialherrschaft.