Steigerung der Änderungsmotivation bei Frauen mit Merkmalen einer Essstörung mittels eines internetbasierten Programms
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Frauen mit Essstörungen sind häufig sehr ambivalent bezüglich (einer Aufgabe) ihrer Essstörung und zeigen daher oft eine geringe Veränderungsmotivation. Diese geringe Veränderungsmotivation geht Studien zufolge mit schlechteren Therapieergebnissen, häufigeren Therapieabbrüchen und einer ungünstigeren Prognose für die Betroffenen einher. Daher wurde die Veränderungsmotivation bei Essstörungen in den letzten Jahren vermehrt untersucht und es wurden in diesem Zusammenhang verschiedene Messinstrumente zur Erfassung dieses Konstrukts entwickelt. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde zunächst ein systematisches Review zu den existierenden Instrumenten aus diesem Themenbereich erstellt. Hier ergaben sich Hinweise darauf, dass symptomspezifische Instrumente für den Einsatz im Essstörungsbereich valider zu sein scheinen als globale Verfahren. Darüber hinaus wurde eine Skala zur Erfassung der Ambivalenz bei Frauen mit Essstörungen (P-CED) ins Deutsche übersetzt und validiert, wobei sich gute psychometrische Eigenschaften dieses Instrumentes nachweisen ließen. Aufgrund der hohen Relevanz der Veränderungsmotivation bei Essstörungen wurden in den letzten Jahren vermehrt Interventionen zur Steigerung der Änderungsmotivation entwickelt; diese Programme haben sich in „face to face“-Behandlungen als wirksam erwiesen. Es stellt sich jedoch die Frage, inwiefern dies das optimale Setting für solche Interventionen darstellt, da Frauen mit Essstörungen oft bezogen auf ihre Erkrankung ein hohes Ausmaß an Scham empfinden und häufig erst sehr spät eine adäquate Behandlung aufsuchen. Da das Internet gut dazu geeignet ist, anonyme und niederschwellige Hilfe anzubieten, wurde im vorliegenden Forschungsprojekt ein Online-Programm zur Steigerung der Änderungsmotivation für Frauen mit Merkmalen einer Essstörung („ESS-KIMO“) entwickelt und in einer randomisiertkontrollierten Studie hinsichtlich seiner Wirksamkeit überprüft. Im Gegensatz zu einer Wartekontrollgruppe zeigte sich in der Experimentalgruppe, die das sechs Sitzungen umfassende Programm durchlief, eine Steigerung der Änderungsmotivation in verschiedenen Symptombereichen sowie eine erhöhte Wahrnehmung der Nachteile der Essstörung. Darüber hinaus konnte das Programm bei den Teilnehmerinnen auch Aspekte der Essstörungssymptomatik (d.h. gezügeltes Essverhalten) reduzieren und das Selbstwertgefühl stärken. Diese Ergebnisse zeigen, dass das Internet ein geeignetes Medium zu sein scheint, um nicht nur die Änderungsmotivation von Frauen mit Essstörungen zu steigern, sondern auch Bereiche der essstörungsassoziierten Symptomatik positiv zu beeinflussen. Der Dropout betrug insgesamt 51%, was im Rahmen von Internetinterventionen an der Population von Patientinnen mit Essstörungen zu erwarten ist. Insbesondere Frauen mit verstärkter depressiver Stimmung und einer höheren Ausprägung der Essstörungssymptomatik erwiesen sich als gefährdet, ihre Teilnahme an ESS-KIMO vorzeitig zu beenden. Zukünftige Forschung sollte untersuchen, ob die hohen Dropout-Raten durch die Implementierung von zusätzlichen Modulen für Frauen mit den identifizierten Risikomerkmalen reduziert werden können.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2013). An internet-based program to enhance motivation to change in females with symptoms of an eating disorder: A randomized controlled trial. Psychological Medicine
Hötzel, K., von Brachel, R., Schmidt, U., Rieger, E., Kosfelder, J., Hechler, T., Schulte, D. Vocks, S.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1017/S0033291713002481) - (2013). Assessing motivation to change in eating disorders: A systematic review. Journal of Eating Disorders, 1, 38
Hötzel, K., von Brachel, R., Schloßmacher, L., & Vocks, S.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1186/2050-2974-1-38) - (2014). Eating disorder pathology and depressive mood predict dropout from an internet-based motivation program for women with eating disorders. Journal of Medical Internet Research, 16, e92
von Brachel, R., Hötzel, K., Hirschfeld, G., Rieger, E., Schmidt, U., Kosfelder, J. & Vocks, S.
(Siehe online unter https://doi.org/10.2196/jmir.3104)