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Zuweisung kausaler Rollen in der physikalischen Domäne: Die Bedeutung kultureller Konzepte und linguistischer Cues

Antragsteller Professor Dr. Karl Christoph Klauer, seit 10/2013
Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2011 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 192368270
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Kausalzuschreibungen – also welche an einem Ereignis beteiligten Entitäten als ursächlich angesehen werden – sind für die wenig untersuchte physikalische Domäne psychologisch genauso interessant und relevant wie für die gut untersuchte soziale Domäne, und dies aus zwei Gründen. Zum einen erlauben entsprechende Untersuchungen zu klären, ob Personen Zuschreibungen vornehmen, die der physikalischen Situation gerecht werden oder aber bestimmten Biases unterliegen, und welche Mechanismen dem gegebenenfalls zugrunde liegen. Zum anderen erlauben sie zu klären, ob Zuschreibungen in der physikalischen Domäne dem Attributionsmuster der sozialen Domäne folgen und damit kulturspezifische Unterschiede aufweisen, wie dies von Vorläuferstudien nahegelegt worden war. In sechs kulturvergleichenden Experimenten mit Teilnehmern aus Deutschland, dem Königreich Tonga und Neuseeland wurden einfache physikalische Szenarien mit zwei Interaktionspartnern untersucht, dargeboten in Form visueller Animationen oder verbaler Beschreibungen, und Kausalzuschreibungen mittels verschiedener Verfahren erhoben. Durchgängig über alle Studien und die verschiedenen Maße variierte die Zuschreibung kausaler Verantwortung mit den Szenarien, was auf inhaltsspezifische Attributionsmuster hindeutet. Obwohl die zwei beteiligten Entitäten physikalisch gleichberechtigt interagierten, nahmen Personen oft Fokussierungen vor, gaben also einer der Entitäten ein stärkeres kausales Gewicht als der jeweils anderen (unterschiedlich ausgeprägt für die verschiedenen Maße). Als wichtiger Faktor erwies sich dabei, welche Entität in der Agens-Rolle und welche in der Patiens-Rolle wahrgenommen wurde, nahelegt entweder durch den Ablauf des Ereignisses oder durch sprachliche Mittel wie die Ergativ-Markierung im Tonganischen. Die Art der Darbietung der Szenarien, visuell oder verbal, spielte hingegen keine große Rolle. Auch die gleichförmigen Kulturunterschiede über alle Szenarien analog zu (Vorläufer-)Befunden in der sozialen Domäne fanden sich nicht; Kulturunterschiede traten für einzelne Szenarien auf und waren verbunden mit kulturspezifischen Konzepten und/oder Erklärungen der Ereignisse. Dies unterstützten auch die kognitionsethnologischen Studien, die nicht nur einer kultursensitiven Materialauswahl für die späteren kulturvergleichende Experimente dienten, sondern deren komplementäre Befunde auch die Auswertung und Interpretation der experimentellen Ergebnisse bereicherten. Selbst wenn die Kombination psychologischer und ethnologischer Zugänge und Verfahrensweisen den Koordinationsaufwand in diesem Projekt erhöhte, halten wir ihre Bedeutung für die Qualität der Ergebnisse dennoch für zentral und würden sie deshalb auch für zukünftige Studien dieser Art unbedingt empfehlen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2015). Causality and agency across cultures and languages. In D. C. Noelle et al. (Eds.), Proceedings of the 37th Annual Conference of the Cognitive Science Society (pp. 21–22). Austin, TX: Cognitive Science Society
    Beller, S., & Bender, A.
  • (2015). How contrast situations affect the assignment of causality in symmetric physical settings. Frontiers in Psychology: Cognition, 5:1497, 1–10
    Beller, S., & Bender, A.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.3389/fpsyg.2014.01497)
  • (2016). Probing the cultural constitution of causal cognition—a research program. Frontiers in Psychology: Cultural Psychology, 7:245, 1–6
    Bender, A., & Beller, S.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3389/fpsyg.2016.00245)
 
 

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