Aufbau eines thermomechanischen Prozessmodells für das kontinuierliche Wälzschleifen von Stirnradverzahnungen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Trotz des weitreichenden industriellen Einsatzes liegen nur begrenzt wissenschaftliche Kenntnisse über das kontinuierliche Wälzschleifen von Verzahnungen vor. Ein Grund dafür sind die komplexen Kontaktbedingungen zwischen Werkzeug und Werkstück beim Wälzschleifen. Die veränderlichen, komplexen Kontakt- und Zerspanbedingungen erschweren vor allem die Beschreibung und Analyse der exakten Ursache-Wirkungsmechanismen beim kontinuierlichen Wälzschleifen. Die fehlende Kenntnis dieser exakten Zusammenhänge, vor allem hinsichtlich der Beeinflussung der Bauteilrandzone beim Wälzschleifen, führt dazu, dass trotz eines umfangreichen, empirischen Prozessverständnisses in der industriellen Praxis häufig aufwendige Vorversuche durchgeführt werden müssen, um eine stabile Prozessauslegung zu finden. Durch aus der Vorbearbeitung resultierende Aufmaßschwankungen oder durch eine ungünstige Prozessführung kann es so zu einem unerwünschten Prozessergebnis bis hin zur Schädigung der gehärteten Bauteilrandzone kommen. Um eine Schädigung der Bauteilrandzone bereits bei der Prozessauslegung zu vermeiden, war das Ziel der Arbeit die Vorhersage von Gefügebeeinflussungen der Bauteilrandzone. Dazu wurden im Rahmen der Arbeit die thermischen und mechanischen Einflüsse auf die Bauteilrandzone analysiert und anschließend in einem Modell zur Vorhersage der Gefügebeeinflussung beschrieben. Zur Erreichung des Ziels war es notwendig, eine Charakterisierung der Beeinflussung der Bauteilrandzone beim Wälzschleifen durchzuführen. Dazu ist zunächst ein Bearbeitungsbeispiel für die weiteren Arbeiten ausgewählt worden. An diesem Bearbeitungsbeispiel wurden daraufhin Wälzschleifversuche mit zwei Zielen durchgeführt: Erstens wurde eine Definition der bisher unbekannten prozessbedingten Gefügebeeinflussung über verschiedene Analysemethoden durchgeführt. Zweitens konnten auf Basis der Ergebnisse dieser Vorversuche signifikante Prozessstellgrößen identifiziert werden, um die Systemgrenzen der Arbeit konkreter festzulegen und somit bereits frühzeitig einen Modellansatz abzuleiten, der über empirische Untersuchungen auf das Wälzschleifen angepasst werden kann. Da eine Analyse der prozessbedingten Randzonenbeeinflussung aufgrund der Kontaktbedingungen im Wälzschleifprozess nicht zielführend ist, sind diese in einem neu entwickelten Modellversuch, dem Analogieversuch Wälzschleifen, abstrahiert worden. Die Versuchsmethodik des Analogieversuchs wurde dazu im Rahmen dieser Arbeit entwickelt, ausgelegt und in einen funktionsfähigen Versuchsaufbau überführt. Mithilfe des Analogieversuchs sind anschließend empirische Versuche, mit dem Ziel die unbekannten Ursache-Wirkungszusammenhänge aufzuzeigen, durchgeführt worden. Der Fokus lag im Rahmen dieser Untersuchungen einerseits auf der Analyse der Randzonenbeeinflussung durch die technologischen, werkstück- und werkzeugabhängigen Prozessstellgrößen. Beim Abgleich der Versuchsergebnisse mit Wälzschleifversuchen konnte gezeigt werden, dass die Randzonenbeeinflussung, bewertet über Gefügeanalysen und Eigenspannungen, die Formabweichungen und Zerspankräfte in Analogie- und Wälzschleifversuch qualitativ und zum Teil sogar quantitativ identisch sind. Im letzten Schritt wurden auf Basis der empirischen Daten und der analytischen und geometrischen Zusammenhänge die Modellparameter bestimmt. Mithilfe der Formeln zur Berechnung der Modellparameter konnte ein empirisch-analytisches Vorhersagemodell für die Entstehung von Randzonenbeeinflussungen beim kontinuierlichen Wälzschleifen aufgebaut werden. Der entwickelte Modellansatz wurde am gewählten Bearbeitungsbeispiel validiert und auf zwei weitere Verzahnungsbeispiele erfolgreich angewendet. Mithilfe des Modells ist die Bestimmung des lokalen kritischen Energieeintrags beim Wälzschleifen, der zu unzulässigen Gefügeveränderungen führt, möglich.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Thermische Randzonenbeeinflussung beim kontinuierlichen Wälzschleifen In: 53. Arbeitstagung „Zahnrad und Getriebetechnik“, Hrsg.: Klocke, F.; Brecher, C., Eigendruck Getriebekreis Aachen, S.8-1 - 8-38, 2012
Klocke, F.; Brumm, M.; Reimann, J.
- Aufbau eines Modells zur Beschreibung der Randzonenbeeinflussung beim kontinuierlichen Wälzschleifen. In: 54. Arbeitstagung „Zahnrad und Getriebetechnik“, Hrsg.: Klocke, F.; Brecher, C., Eigendruck Getriebekreis Aachen, S.17-1 - 17-38, 2013
Klocke, F.; Brumm, M.; Reimann, J.
- Aufbau und Validierung eines Prozesskraftmodells für das kontinuierliche Wälzschleifen von Stirnradverzahnungen. In: Engineering Research/Forschung im Ingenieurwesen, S.1-16, 2013 ISSN 0015-7899
Klocke, F.; Brumm, M.; Reimann, J.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s10010-013-0165-3) - Kontinuierliches Wälzschleifen von Verzahnungen. In: Antriebstechnik 52 (2013), ANT Journal, Nr. 03, ISSN 0341-2652, S. 18-24
Klocke, F.; Brumm, M.; Reimann, J.
- Kontinuierliches Wälzschleifen – Herausforderungen und Lösungsansätze. In: GETPRO 2013 – 4. Kongress zur Getriebeproduktion, Band II, 5.-6. März 2013, Würzburg, Hrsg.: Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V., 2013
Klocke, F.; Brumm, M.; Reimann, J.
- Modeling of Surface Zone Influences in Generating Gear Grinding. In: Procedia CIRP 8(2013):21-26, ISSN 2212-8271
Klocke, F.; Brumm, M.; Reimann, J.
- Verzahnungsschleifen – Aktuelle Herausforderungen und Entwicklungen. In: Schleiftagung 2013, Hrsg.: Carl Hanser Verlag, 27./28. Februar 2013, Stuttgart
Klocke, F.; Brumm, M.; Reimann, J.
- Prediction of Surface Zone Changes in Generating Gear Grinding in: AGMA Fall Technical Meeting 2014, October 12-14, 2014 Westin Crystal City, Arlington, VA, Hrsg.: , A., American Gear Manufacturers Association Alexandria, USA 2014, ISBN 978-1-61481-094-0, S. 02FTM14-1 - 02FTM14-15
Ophey, M.; Reimann, J.
- Randzonenbeeinflussung beim kontinuierlichen Wälzschleifen von Stirnradverzahnungen. Dissertation, RWTH Aachen, 2014
Reimann, J.
- Vorhersage von Randzonenbeeinflussungen beim kontinuierlichen Wälzschleifen In: 55. Arbeitstagung „Zahnrad und Getriebetechnik“, Hrsg.: Klocke, F.; Brecher, C., Eigendruck Getriebekreis Aachen, S.8-1 - 8-30, 2014
Klocke, F.; Brumm, M.; Reimann, J.