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Bronzezeitliches Glas zwischen Alpenkamm und Ostsee. Untersuchungen zur Herstellung und Distribution des ältesten Glases in Mitteleuropa

Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2010 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 191679454
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das bronzezeitliche Glas ist das älteste Glas Mitteleuropas. Es beschränkt sich ausnahmslos auf Glasperlen, die aus überwiegend reich ausgestatteten Gräbern, einigen Siedlungen, vereinzelt Horten und Höhlenfunden aus der Zeit zwischen dem 14.- und 8. Jh. v. Chr. stammen. Für das Projekt wurden 390 Fundorte mit 567 Einzelfundstellen und einer Gesamtglasperlenzahl von weit über 5227 Stück in einer Datenbank aufgenommen. Das Glas zeigt sich vielgestaltig, im Vergleich zum eisenzeitlichen Fundmaterial allerdings reduziert und in seinem Form und Farbspektrum begrenzt. Im Untersuchungsraum ergibt sich für das Fundmaterial entsprechend der beiden großen bronzezeitlichen Kulturräume eine räumliche Trennung mit Kontaktzone im zentralen Mitteleuropa. In der Zeit um 1500-1300 v. Chr. sind es zunächst große fast kugelige Perlen im Süden und mehr ringförmige Perlen mit kleinerem Durchmesser im nördlichen Mitteleuropa, die das Einsetzen dieser Schmuck- und Trachtbestandteile am Ende der späten Mittelbronzezeit markieren. Zu Beginn der Spätbronzezeit und der Urnenfelderzeit wird das überlieferte Glasmaterial nicht nur deutlich zahlreicher, sondern auch mannigfaltiger. Neben den teils in Serie produzierten kleinen Ringchenperlen finden sich nun im südlichen Mitteleuropa auch tönnchenförmige Perlen und solche als verzierte zweifarbige Variante, die sogenannten Pfahlbauperlen, die immer eine weiße Spiralfadeneinlage besitzen. Seltener kommen die blau-weißen Noppenperlen vor. Diese beiden Typen sind hauptsächlich im Süden Deutschlands, im nordalpinen Raum und besonders im Bereich der Pfahlbausiedlungen verbreitet. Im Norden sind es zur gleichen Zeit immer noch die mittelgroßen Ringperlen, die vorherrschen, aber es kommen auch kleinere Ringperlen und vereinzelt Pfahlbauperlen hinzu. Am Ende der Urnenfelderzeit erscheinen auch etwas kleinere rundliche Ringperlen mit geradem oder gewelltem Spiralfaden oder separaten Streifen. Der Übergang zum eisenzeitlichen Glas zeigt sich neben Augenperlen auch in gerippten Perlen, die zu den späteren Melonenperlen überleiten. Die meisten Perlen bestehen aus durchscheinend blauem Glas, das in zahlreichen Schattierungen und unterschiedlichen Farbtönen vorkommt. Die Bandbreite reicht von hellblau über mittelblau bis dunkel- oder violettblau. Besonders häufig sind aber grünliche Blautöne in verschiedenen Nuancen. Perlen mit gelber, grüner, brauner oder schwarzer Grundfarbe sind selten zu finden. Daneben kommen vereinzelt gelbe, grüne, braune und schwarze Perlen sowie weiße Glaseinlagen als Dekorationen vor. Für das Projekt wurden 320 Glasperlen und Bruchstücke von solchen ausgeliehen und bezüglich ihrer chemischen Zusammensetzung analysiert. Die meisten untersuchten Perlen gehören zu den bereits bekannten bronzezeitlichen Glasgruppen, dem „low magnesium high potassium“ (LMHK) Glas und dem „high magnesium glass“ (HMG). Im Rahmen des durchgeführten Projekts konnte eine weitere bislang nicht erkannte Glasgruppe als „high potassium glass“ (HKG) definiert werden. Hauptsächlich für das HM-Glas, teils auch für das LMHK Glas konnten anhand der Spurenelement-Zusammensetzung einzelne Untergruppen erkannt werden, die teilweise nicht nur eine räumliche sondern auch zeitliche Varianz zeigen. Zu den Fragen der Herkunft und Distribution der Glasperlen können keine eindeutigen Aussagen gemacht, wohl aber wahrscheinliche Möglichkeiten aufgezeigt werden. Grund dafür sind fehlende Spurenelementanalysen am Vergleichsmaterial anderer Regionen. Im Ausschlussverfahren konnte aber gezeigt werden, dass das mitteleuropäische HM-Glas weder aus Ägypten, noch aus Mesopotamien oder der Ägäis stammt. Andere Regionen im Mittelmeerraum und Vorderen Orient sind aber weiterhin denkbar, ebenso wie eine lokale Herstellung im nördlichen Mitteleuropa. Für das LMHK-Glass liegen erste Hinweise vor, dass sich auch hier regionale Gruppen basierend auf unterschiedlichen Produktionsstandorten und einhergehend mit verschiedenen Distributions- und Absatzgebieten herauskristallisieren. Das Projekt hat – auch wenn nicht alle gestellten Fragen geklärt wurden – der Glasforschung mit der Spurenelementanalyse neue Perspektiven aufgezeigt. Der umfangreiche Datensatz der durchgeführten Glasanalysen bietet für die zukünftige Glasforschung, insbesondere auch in anderen Regionen, eine wichtige Grundlage, und wird nachhaltig zur Beantwortung von Fragen nach Herkunft und Distribution des bronzezeitlichen Glases beitragen.

 
 

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