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Sprachdenken und politische Theorie. Jüdisch-deutsche Beiträge vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Länderbezug: Deutschland/Israel
Antragstellerin
Dr. Sabine Sander
Fachliche Zuordnung
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung
Förderung von 2010 bis 2014
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 189636294
Die Sprache der Heiligen Schrift im religiösen Umfeld, das Jiddisch im alltäglichen Umgang waren und sind das Verbindende der Juden in aller Welt: Die das Judentum prägende Erfahrung von Diaspora und äußerem oder innerem Exil, von metaphysischer und realer »Bodenlosigkeit«, das vielfach erlebte Spannungsfeld von Exklusion und Inklusion sowie das Leben in verschiedenen Sprach- und Kulturräumen lässt auch die Frage nach der kulturellen und sozialen Bedeutung von Sprache, Mehrsprachigkeit und sprachlicher Sozialisation ins Blickfeld rücken. Viele jüdisch-deutsche Gelehrte, Schriftsteller und Künstler haben Sprachtheorien vorgelegt oder haben in religiösen, philosophischen, politischen, anthropologischen und ästhetischen Kontexten über die Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen von Sprache oder über Sprachverlust reflektiert; oft mehrsprachig sozialisiert, pflegten sie traditionelle jüdische Textgelehrsamkeit und verfügten über eine besondere Sensibilität für den sprachlichen Ausdruck; seinen Niederschlag fand dies auch in der Hinwendung zum philosophischen Essay, in der Vorliebe für eine Rätsel- und Metaphernsprache, im jüdischen Witz oder in literarischer und lyrischer Produktivität. Dieses »Sprachdenken«, in dem Sprache zugleich Gegenstand und Medium der Reflexion ist, hat, so unsere Hypothese, politische wie sozial- und kulturtheoretische Implikationen. Gewidmet ist das Netzwerk einer Erkundung des Zusammenhangs von Sprachdenken und politischer Theorie in Texten jüdisch-deutscher Gelehrter seit der Haskala bis heute. In systematischer Absicht geht es um die Frage, welche Rolle die Sprachreflexion in der politischen Theorie spielt und welche politischen Implikationen das Sprachdenken hat. In geschichtlicher Perspektive interessiert der Zusammenhang von Sprachdenken und soziokulturellem Hintergrund des Judentums, da anzunehmen ist, dass das Sprachdenken jüdisch-deutscher Gelehrter auch als Versuch einer Bewältigung ihrer prekären Lebenssituation aufgefasst werden kann, als Medium der Selbstverständigung, Identitätsfindung oder Akkulturation, als Form eines »ästhetischen Widerstands« oder als »innere Gegenwelt«, die der Erfahrung der Verfolgung und des Exils entgegengesetzt wurde.
DFG-Verfahren
Wissenschaftliche Netzwerke
Internationaler Bezug
Israel
Beteiligte Person
Professorin Dr. Ilit Ferber