Platons Formen vor dem Hintergrund von Aristoteles' Unterscheidung zwischen Eigenschaften und generischen Dingen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Projektes war es, (1) den Begriff des generischen Dinges bei Aristoteles zu bestimmen und (2) diesen Begriff für das Verständnis von Platons Ideenlehre nutzbar zu machen. (1) Was Aristoteles angeht, habe ich gezeigt, dass das Wesen und die Akzidentien einer Sache, also alles, was laut Aristoteles von einer Sache prädiziert werden kann, nur dann eine Eigenschaft ist, wenn diese Sache selbst eine Eigenschaft ist. Wesen und Akzidentien eines Dinges sind also Dinge, keine Eigenschaften. In Sätzen der Form “A ist B” werden also nicht Eigenschaften von Dingen prädiziert, sondern Dinge von Dingen. Der Prädikat-Term B bezeichnet dasselbe Ding wie der Subjekt-Term A, nur in allgemeinerer Weise. Dennoch muss man zwischen Substanzen und Akzidentien unterscheiden. Substanzen sind einzeln und zählbar also solche. Ihr Wesen und ihre Akzidentien sind dagegen nur insofern einzeln, als sie mit einer einzelnen Substanz zusammenfallen. Sie hängen in ihrer Existenz und Einzelheit von den Substanzen ab, denen sie zukommen. Man kann Akzidentien dadurch als solche fassen, dass man Hinsichten an der Sache unterscheidet, der sie zukommen. Wenn Sokrates gebildet ist, kommt ihm zum Beispiel das Akzidens Gebildeter zu. Das bedeutet einfach, dass er unter anderem auch ein Gebildeter ist. Das Akzidens, das ihm zukommt, ist er selbst, allein insofern er gebildet ist. Der Begriff der Hinsicht ist in weiteren Gebieten der Philosophie wichtig und sollte näher untersucht werden. (2) Was Platon angeht, ergibt sich nach gründlicher Untersuchung, dass er im Parmenides nicht etwa die Vorstellung zurückweist, eine Idee sei immer von sich selbst prädizierbar. Vielmehr geht er stets davon aus, dass z.B. die Idee des Schönen selbst schön ist. Das ist dann nachvollziehbar, wenn die Idee des Schönen ein schönes Ding ist, allein insofern es schön ist. Platons Ideen sind sozusagen verabsolutierte Hinsichten. Mit dieser Annahme lässt sich unter anderem ein Schritt im Unsterblichkeitsbeweis in Platons Phaidon besser verstehen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- “‘Insofar as’ in Descartes' Definition of Thought.” Studia Leibnitiana 43(2), 2011, 145-159
Boris Hennig
- “Das Segeltuchmodell.” In: Sebastian Rödl & Henning Tegtmeyer, Hrsg., Sinnkritisches Philosophieren. Berlin: De Gruyter 2012
Boris Hennig
- “Aristoteles’ Beschreibung der ethischen Tugenden.” In: Jan Müller & Jens Kertscher, Hrsg., Lebensform und Praxisform. Münster, Mentis, 2015. - 978-3-95743-038-0
Boris Hennig
- “Plato’s Ingredient Principle: Phaedo 105a2-5”. Ancient Philosophy, Volume 35, Issue 2, Fall 2015, pp 303-316
Boris Hennig
(Siehe online unter https://dx.doi.org/10.5840/ancientphil201535223)