Detailseite
Projekt Druckansicht

Hornmilben (Acari, Oribatida) im "feindfreien" Raum: Biologisches Wirkungsspektrum des komplexen Öldrüsensekrets bei Archegozetes Iongisetosus (Trhypochthoniidae)

Fachliche Zuordnung Biologie des Verhaltens und der Sinne
Förderung Förderung von 2010 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 182703353
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Hornmilben (Oribatida) gehören mit etwa 10.000 beschriebenen Arten zu den diversesten Gruppen der Spinnentiere. Mit Dichten von bis zu mehreren Hunderttausend Individuen pro Quadratmeter stellen sie eine ökologisch bedeutende Gruppe in den Nahrungsnetzen heimischer Waldböden dar. Die meisten Hornmilben (die 'glandulaten Oribatida') produzieren ein komplexes Gemisch aus verschiedenen Chemikalien (z.B. Kohlenwasserstoffe, Terpene, Aromaten, Alkaloide) in einem großen Paar exokriner opisthosomaler Öldrüsen. Die biologische Funktion der Öldrüsensekrete war bislang weitgehend unbekannt - nur für zwei Arten wurde eine Wirkung als Alarmpheromon gezeigt. Den Öldrüsensekreten wurde seit jeher eine wichtige Rolle als Wehrsekrete zur Abwehr von Fraßfeinden zugeschrieben, welche in Kombination mit morphologischen Anpassungen so effizient sei, dass man ihnen einen ,feindfreien' Raum unterstellte. Zur Rolle der Drüsensekrete existierten jedoch keine experimentellen Studien, und die Annahmen fußten auf rein theoretischen Überlegungen. Ein Verständnis der biologischen Funktion der Öldrüsen als Wehrdrüsen ist jedoch essentiell zum Verständnis strukturierender Parameter der Räuber-Beute-Interaktionen im Boden. Im Rahmen eines 18-monatigen Forschungsaufenthaltes am Zoologischen Institut der Universität Graz sollte daher zunächst exemplarisch die biologische Wirkung der Öldrüsensekrete bei der Hornmilbenart Archegozetes longisetosus, einem Modellorganismus der Hornmilben, untersucht werden. Es sollte untersucht werden, ob es sich bei den Öldrüsen um echte Wehrdrüsen mit einem adaptiven Wert zur Feindabwehr handelt. Hierzu wurden zunächst experimentell die Öldrüsen vollständig entteert, um "chemisch wehrlose" Tiere als Beute mit den chemisch voll ausgestatten Kontrolltieren einem potentiellen Fraßfeind (Kurzflügelkäfern der Gattung Stenus in diesem Fall) anzubieten. Diese Käfer sind dafür bekannt, dass sie auch Hornmilben im Laborversuch attackieren - diese jedoch nicht fressen. Es konnte gezeigt werden, dass tatsächlich die Öldrüsensekrete für den Fraßschutz verantwortlich waren - die chemisch entwaffneten Hornmilben wurden in großer Zahl gefressen, während die unbehandelten Milben zwar regelmäßig attackiert, jedoch nicht konsumiert wurden. Dieser chemische Fraßschutz ist sowohl bei den adulten und sklerotisierten Hornmilben, aber auch bei den juvenilen Tieren ohne Sklerotisierung sehr effektiv. Haben die Hornmilben ihr Wehrsekret nach regelmäßigen Attacken eines Räubers jedoch vollständig abgegeben, so verlieren sie auch ihren Fraßschutz. Es werden dann etwa 2 Tage benötigt, um wieder ausreichend Sekret für die Abwehr eines Stenus-Käfers zu produzieren. Pressemeldung der Universität Tübingen: http:/www.uni-tuebingen.de/uploads/media/11-09-22Hornmilben.pdf Meldung im Scienceticker: http://umwelt.scienceticker.info/2011/09/22/winzlinge-mit-chemischer-keule/ Meldung im "Schwäbisches Tagblatt": Ausgabe vom 05.10.2010: "Wehrhaft durch Cocktail"

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2011). Is 7-hydroxyphthalide a natural compound of oil gland secretions? - Evidence from Archegozetes longisetosus (Acari, Oribatida). Acarologia 51: 229-236
    Heethoff, M., Raspotnig, G.
  • (2011). Tasty but protected - first evidence of chemical defense in oribatid mites, Journal of Chemical Ecology 37: 1037-1043
    Heethoff, M., Koerner, L., Norton. R. A., Raspotnig, G.
  • (2012). Expanding the 'enemy-free space' for oribatid mites: Evidence for chemical defense of juvenile Archegozetes longisetosus against the rove beetle Stenus juno. Experimental and Applied Acarology 56: 93-97
    Heethoff, M., Raspotnig, G.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s10493-011-9501-1)
  • (2012). Investigating chemical communication in oribatid and astigmatid mites in bioassays - Pitfalls and suggestions. Soil Organisms 84: 409-421
    Heethoff, M., Raspotnig, G.
  • (2012). Triggering chemical defense in an oribatid mite using artificial stimuli. Experimental and Applied Acarology 56: 287-295
    Heethoff, M., Raspotnig, G.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s10493-012-9521-5)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung