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Globale Optimierung: Strukturbestimmung mittelgroßer Strukturen aus niedrig aufgelösten Pulver-Röntgenbeugungsdaten

Antragsteller Professor Dr. Georg Roth
Fachliche Zuordnung Mineralogie, Petrologie und Geochemie
Förderung Förderung von 2010 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 178836289
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Bestimmung von Kristallstrukturen stellt auch heute noch eine ebenso anspruchsvolle wie hochrelevante Aufgabe dar: Jährlich werden in den verschiedensten Wissenschaftsbereichen (Chemie, Physik, Materialwissenschaften, Geowissenschaften, Biologie, Medizin) viele Tausend neue Kristallstrukturen erstmals bestimmt und publiziert. Die Kenntnis der Strukturen ist unabdingbare Voraussetzung für ein tieferes Verständnis der Eigenschaften dieser Verbindungen und ebenso die Basis für eine gezielte Optimierung ihres praktischen Einsatzes als Werkstoff, Medikament etc. Die meisten dieser Strukturen werden aus Einkristall-Röntgenbeugungsdaten bestimmt. Demgegenüber ist die Kristallstrukturbestimmung aus (niedrig aufgelösten) Pulver-Röntgenbeugungsdaten nach wie vor wesentlich schwieriger. Das Problem der Kristallstrukturbestimmung aus unvollständigen, niedrig aufgelösten (Pulver-) Röntgenbeugungsdaten wird im Rahmen dieses Projektes als globales Optimierungsproblem formuliert: Dabei gilt es, die zunächst unbekannten Koordinaten der Atome in der kristallographischen Elementarzelle zu bestimmen. Die zu optimierende Zielfunktion ist hochdimensional (Größenordnung 3 * Anzahl der Atome), multimodal (enthält zahlreiche lokale Minima) und ist daher mit Standard-Optimierungsalgorithmen nur äußerst schwer erfolgreich zu bearbeiten. Im vorliegenden Projekt wurden zwei Optimierungsalgorithmen entwickelt und erprobt, die charakteristische Eigenschaften der Zielfunktion nutzen: 1. Der SLS (successive line scan) Algorithmus verfolgt die Strategie, eine typische Grabenstruktur der Zielfunktion, die sich besonders in der Nähe des globalen Optimums zeigt, auszunutzen, um das Optimum zu finden. Zur systematischen Untersuchung dieser Grabenstruktur wurde ein graphisches Programm (Xtal-xplore-R, https://github.com/jamasi/Xtal-xplore-R) geschrieben und der Öffentlichkeit inkl. Quelltext unter einer freien Lizenz (aGPL) zur Verfügung gestellt. Das Programm eignet sich zudem auch als didaktisches Werkzeug zur Einführung in das Problem der Strukturoptimierung. Die Untersuchungen belegen die prinzipielle Funktionsfähigkeit des SLS-Algorithmus, allerdings ist der Konvergenzradius deutlich geringer als ursprünglich erwartet. Dennoch ist das vorläufige Ergebnis wissenschaftlich interessant: Der Algorithmus kann für die vorliegende Klasse von Optimierungsaufgaben als lokaler Optimierer mit großem Konvergenzradius benutzt werden. 2. Der OCS (optimal configuration search) Algorithmus verfolgt den Ansatz, durch eine Diskretisierung des 3D-Raumes und unter Ausnutzung grundlegender kristallchemischer Überlegungen aus der kontinuierlichen, hochdimensionalen Optimierungsaufgabe ein abzählbares, kombinatorisches Problem zu machen, das auch für mittelgroße Strukturen in akzeptablen Rechenzeiten eine Lösung erlaubt. Dabei wird die Möglichkeit der Auflösungskontrolle der Beugungsdaten in Verbindung mit einer hierauf abgestimmten Wahl der Diskretisierung ausgenutzt. Der Algorithmus hat seine prinzipielle Eignung für kleine Strukturen bewiesen, ist in der Implementierung allerdings wesentlich aufwändiger als der SLS-Algorithmus. Insbesondere die geschickte Diskretisierung unter Berücksichtigung der Raumgruppensymmetrie ist von entscheidender Bedeutung für die Effektivität. Daher ist noch weitergehende Forschungs- und Experimentierarbeit nötig, um unsere OCS-Implementierung zu einem allgemein zugänglichen und leistungsfähigen Werkzeug zu machen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • „Crystal structure determination by global optimisation in configuration space: a case study for distributed computing on the NRW-grid“, Int. J. Computational Science and Engineering 6 (3) (2011) 168-174
    G. Roth, C. Bischof, Th. Eifert
  • „Structure from low resolution (x-ray) powder diffraction data: Slices through the "rocky mountains" of a target function“, Joint Meeting DGK, DMG, ÖMG 'Crystals, Minerals and Materials' (2011, Salzburg, Austria)
    G. Roth, J.M. Simons
  • „Structure determination from X-RAY powder diffraction data: A systematic survey of a new global optimization algorithm“, DGK conference (2013, Freiberg, Germany)
    G. Roth, J.M. Simons
 
 

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