Bestimmung der Liquidus- und Solidusflächen im Dreistoffsystem Al2O3-ZrO2-SiO2 durch tiegelfreies Levitationsschmelzen
Final Report Abstract
Das Dreistoffsystem Al2O3-SiO2-ZrO2 bildet die Grundlage für technisch wichtige keramische Erzeugnisse für mechanische, tribologische, feuerfeste sowie silikatkeramische Anwendungen. Umfangreiche Literaturquellen zu den Phasengleichgewichten weisen jedoch Widersprüche und Unklarheiten auf, insbesondere weichen thermodynamische Datensätze von experimentellen Ergebnissen ab. Im Vorhaben „Bestimmung der Liquidus- und Solidusflächen im Dreistoffsystem Al2O3-ZrO2-SiO2 durch tiegelfreies Levitationsschmelzen“ wurde das System am Lehrstuhl für Keramik und Feuerfeste Werkstoffe des Instituts für Gesteinshüttenkunde der RWTH Aachen erstmals mit Hilfe der weltweit einzigen vollautomatischen aero-akustischen Schwebeschmelzanlage über die Erstarrung von Schmelzen erschlossen. Schmelzverhalten, Konvektion, Verformung, Verdampfungen, Kristallisation, Freisetzung der Erstarrungsenthalpie in Form von Strahlung usw. wurden jeweils mittels Hochgeschwindigkeitskamera und hoch orts- und zeitauflösendem Pyrometer dokumentiert. Im Randsystem SiO2-ZrO2 konnte trotz der SiO2-Verdampfung der Liquidusbereich gut charakterisiert werden. Es ist seit Toropov & Galakhov 1951 erstmals wieder gelungen, die Mischungslücke im Flüssigen experimentell nachzuweisen und deren Ausbreitung in das ternäre System zu verfolgen. Mittels Hochgeschwindigkeitskamera wurde die durch Grenzflächenspannungen getriebene Marangoni-Konvektion mit Geschwindigkeiten von 1-2 m/s dokumentiert. Anschliffe zeigen entsprechend schlierige Aggregate aus vollständig kristallisierten ZrO2-reichen und ebenfalls kristallisierten Cristobalit-ZrO2-Emulsionen. Im Randsystem Al2O3-SiO2 konnte erstmals direkt beobachtet werden, dass sich Mullit inkongruent nach einer Primärkristallisation von Korund aus Schmelze bildet. In den mit Rekaleszenzkurven ist entsprechend eine doppelte Freisetzung der latenten Wärme zu verzeichnen. Der über den Weg der Erstarrung gefundene maximale Al2O3-Gehalt des Mullits beträgt bis zu 69,5 Mol-%. Das Zweistoffsystem Al2O3-ZrO2 weist eine Mischungslücke in Flüssigen etwa im Bereich der sonst für den eutektischen Punkt angegeben Zusammensetzung auf. Das Dreistoffsystem Al2O3-SiO2-ZrO2 wird durch folgende nonvariante Gleichgewichte konsistent beschrieben: Eutektikum E1: Schmelze↔ZrO2+ Al2O3+Mullit bei 1705oC; Übergangsebene T1: ZrO2+Cristobalit↔Zirkon+Schmelze bei 1660oC; Übergangsebene T2: Schmelze+ ZrO2↔Zirkon+Mullit bei 1645oC; Eutektikum E2: Schmelze↔Cristobalit+Zirkon+Mullit bei 1550oC. Die Verbindungslinie ZrO2-Mullit ist aufgrund der temperaturabhängigen Al2O3- Löslichkeit eine pseudobinäre Alkmade-Linie mit einem Schmelzpunktsminimum bei 1750oC. Sie trennt die bei <1550oC stabilen Untersysteme SiO2-Mullit-Zirkon und ZrO2-Korund-Mullit. Neben der Weiterentwicklung der Methode des tiegelfreien Schwebeschmelzens als Werkzeug zur experimentellen Erschließung von Phasensystemen ergeben sich folgende werkstofftechnische Verwertungsmöglichkeiten der Ergebnisse. Bedingt durch die Nanoskaligkeit mancher Gefüge, vor allem im Bereich von Eutektika oder durch Marangoni-Turbulenzen feinst emulgierter unmischbarer Schmelzen, erschließt sich ein hohes Potenzial für die Materialforschung bezüglich der Charakterisierung mechanischer, thermischer und vielleicht auch elektronischer Eigenschaften nanokristalliner Gefüge und deren Grenzflächenstruktur. Im Bereich feuerfester Werkstoffe ermöglichen die Ergebnisse - nach verfeinerter thermodynamischer Simulation des Systems - die Herstellung neuartiger Gefügetypen durch Schmelzgießen, da zuverlässigere Informationen über die Lage der Eutektika und die Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichte entlang der Alkemade-Linie ZrO2-Mullit verfügbar sind. Eine Neuberechnung der Randsysteme wird konsistentere thermodynamische Datensätze ergeben, mit denen zuverlässiger in höherkomponentige Systeme extrapoliert werden kann. Dies wäre ebenfalls für die Kenntnis von Korrosionseffekten feuerfester Werkstoffe in Kontakt mit Schlacken, Metallschmelzen und Gasen von großer technischer und wirtschaftlicher Bedeutung.
Publications
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