Theologische Positionen der frühen Maturidiya (11./12. Jh.) am Beispiel der Attributenlehre
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Mittelpunkt des Projekts stand die kritische Edition des Kompendiums der Beweise (Talhis al-adilla), einer systematischen theologischen Schrift, die von Abu Ishaq Ibrahim as-Saffar al-Buhari (gest. 1139 n.Chr.) auf Arabisch verfasst wurde. As-Saffar al-Buhari war einer der ersten bedeutenden Vertreter der Schule Abu Mansur al-Maturidis. Sie entstand um 1100 in Transoxanien (dem heutigen Usbekistan); später fand sie im sunnitischen Islam allgemeine Anerkennung, was dazu führte, dass sich noch heute zahlreiche Muslime zu ihr bekennen. Unser Projekt hatte deswegen ein doppeltes Ziel: Wir wollten einerseits historisch arbeiten und dazu beitragen, die Entstehung und die frühe Geschichte der Maturidiya zu erhellen. Zum anderen wandten wir uns aber auch an die Muslime im heutigen Mittelasien. Denn die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass sie ihre alten maturiditischen Traditionen wieder vermehrt aufgreifen. Dieses Interesse verdient Unterstützung, weil die Maturidiya eine sehr ausgewogene, rationale Theologie vertritt, die in keiner Weise für einen ideologischen Missbrauch geeignet ist. Im Laufe der Arbeit am Talhis al-adilla wurden insofern Änderungen und Ergänzungen der ursprünglichen Planung notwendig, als zwei bisher unbekannte Manuskripte des Textes zu berücksichtigen waren. Besonders die Einarbeitung der türkischen Handschrift bedeutete einen erheblichen Mehraufwand. Es war schon nach Lektüre der ersten Seiten zu erkennen, dass dieser Abschrift eine gegenüber den bisher verwendeten Manuskripten eigenständige Tradition zugrunde liegen muss. Dabei geht es nicht nur um Abweichungen, die einzelne Ausdrücke betreffen. Vielmehr sind häufig Sätze völlig anders formuliert (schon die einleitenden Passagen sind anders lautend), fehlen im Vergleich mit den anderen Handschriften oder sind zusätzlich vorhanden. Die zweite Hälfte des Textes zeigt dann kaum noch Übereinstimmungen mit dem Wortlaut der anderen beiden Manuskripte. Es konnte während des Zeitraums 1. 2. 2007 – 31. 7. 2007 im Zusammenhang mit dem Endlektorat und der teilweisen Umformatierung des Textes eine vierte Abschrift des Textes ausgewertet und eingearbeitet werden, sodass nun, wie geplant, ein nach Enddurchsicht durch den arabischen Lektor zur Veröffentlichung bereites Manuskript zur Verfügung steht.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- „Die göttlichen Attribute in Maturiditischer Sicht“, 29. Deutschen Orientalistentag (20.-24. September 2004/Halle)
- „Der Schlaf ist der Bruder des Todes. Einige Traditionen über Schlaf und Traum und ihre Funktion in der Argumentation as-Saffar al-Buharis“, (in: C. Gilliot/T. Nagel (Hg.), Das Prophetenhadit. Dimensionen einer islamischen Literaturgattung, Nachrichten der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, I. Philologisch-historische Klasse, Jahrgang 2005, Nr. 1, S. 98–107