Detailseite
Projekt Druckansicht

Molekulardynamik-Simulation zum Studium der Molekulargewichtsabhängigkeit der Relaxationsprozesse in Polymerschmelzen: Vom Molekül zum Polymer

Fachliche Zuordnung Experimentelle und Theoretische Polymerphysik
Förderung Förderung von 2010 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 171553917
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt leistete einen wichtigen Beitrag zur Etablierung von MD-Simulationen zum Studium von Polymerdynamik. Während im Vorfeld meist stark vergröberte Modelle zum Studium der Bewegungsprozesse auf verschiedenen Zeit- und Längenskalen zum Einsatz kamen, gelang es im Projekt erstmals für voll atomistische Modelle, eine Brücke von der Torsionsdynamik, über die Segment- und Rousedynamik bis zum Einsetzen von Entanglementdynamik zu schlagen. Eine Verwendung chemisch realistischer Modelle hat dabei den großen Vorteil, die simulierten Daten direkt mit experimentellen Ergebnissen vergleichen zu können. Es wurde gezeigt, dass Simulation und Experiment ein konsistentes Bild der Molekulargewichtsabhängigkeit von Segment- und Rousedynamik liefern. Die Tatsache, dass MD-Simulationen für atomistische Modelle, die vollständige Information über die Struktur und Dynamik liefern, konnte genutzt werden, um tiefergehende Einsichten in den Übergang vom Molekül zum Polymer zu erlangen. Es fiel ein enger Zusammenhang zwischen der Dynamik der Segmente und der Konformation der Ketten auf, sodass die Zeitskala dieser Bewegung dann unabhängig vom Molekulargewicht wird, wenn Gaußsche Kettenstatistik erreicht ist. Für die Rouse- und Entanglementdynamik wurde ein starker Einfluss der Kettenenden nachgewiesen. Da eine substanzielle Zahl von Monomeren in der Nähe der Kettenenden nicht an der Rouse- und insbesondere der Entanglementdynamik teilnimmt, sind die zugehörigen Molekulargewichtsregime gegenüber der theoretischen Vorhersage verschmiert und verschoben. Weiterhin erwiesen sich MD-Simulationen zur Charakterisierung der Heterogenität der Polymerdynamik als hervorragend geeignet. Es gelang zu zeigen, dass für alle untersuchten Polymere die Zeitskala der Heterogenität, τhet, mit der Zeitskala der Segmentdynamik, τ, gemäß τhetα τ^3/4 skaliert. Der gleiche Zusammenhang wurde für die Glasdynamik verschiedener Molekül- und Netzwerkgläser beobachtet, sodass es sich um eine universelle Eigenschaft viskoser Flüssigkeiten handeln könnte. Zur Bestimmung der Längenskala der Heterogenität, ξ, wurde die Methode neutraler Confinements etabliert, welche die üblichen strukturelle Veränderungen in herkömmlichen Confinements vermeidet. Es wurde deutlich, dass die Längenskalen bei Abkühlung anwachsen, wobei ein Vergleich mit der Temperaturabhängigkeit der Segmentdynamik im Bulk eine Relation ln(τ) ∝ ξ2/T offenbarte. Diese Beobachtung legt einen Zusammenhang zwischen der Verlangsamung der Segmentdynamik beim Glasübergang und dem Anwachsen der Längenskalen nahe. Schließlich wurde im Projekt ausgenutzt, dass es eine Verwendung chemisch realistischer Polymermodelle ermöglicht, aus den simulierten Daten direkt experimentelle Observable zu berechnen. Diese Möglichkeit wurde ausgenutzt, um die Interpretation von Messdaten aus NMR-Experimenten des Partnerprojekts zu ermitteln.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Chain-length dependence of the segmental relaxation in polymer melts: Molecular dynamics simulation studies on poly(propylene oxide). Macromolecules 43, 8985–8992 (2010)
    A. Bormuth, P. Henritzi, and M. Vogel
  • Untersuchung der Polymerdynamik in Abhängigkeit von Kettenlänge, Temperatur und Druck mit Hilfe von Molekulardynamik Simulationen. Dissertation, Technische Universität Darmstadt, Darmstadt, 2012
    A. Bormuth
  • Are rare, long waiting times between rearrangement events responsible for the slowdown of the dynamics at the glass transition? Journal of Chemical Physics 138, 12A527 (2013)
    J. W. Ahn, B. Falahee, C.D. Piccolo, M. Vogel, and D. Bingemann
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1063/1.4775740)
  • Chain-length dependence of polymer dynamics: A comparison of results from molecular dynamics simulations and field-cycling 1H NMR. Macromolecules 46, 7805-7811 (2013)
    A. Bormuth, M. Hofmann, P. Henritzi, M. Vogel, and E. A. Rössler
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1021/ma401198c)
  • Interpretation of 1H and 2H spin-lattice relaxation dispersions: Insights from molecular dynamics simulations of polymer melts. Solid State Nuclear Magnetic Resonance 54, 32-40 (2013)
    P. Henritzi, A. Bormuth, and M. Vogel
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.ssnmr.2013.06.002)
  • A Molecular Dynamics Simulation Study of Dynamic Processes in Molecular Glass-Forming Liquids. Dissertation, Technische Universität Darmstadt, Darmstadt, 2014
    P. Henritzi
  • Static and dynamic length scales in supercooled liquids: Insights from molecular dynamics simulations of water and tri-propylene oxide. Journal of Chemical Physics 140, 144501 (2014)
    F. Klameth, P. Henritzi, and M. Vogel
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1063/1.4870089)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung