Gesundheitliche Ungleichheiten und soziale Beziehungen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Zusammenhänge zwischen sozialer Ungleichheit und Gesundheit einerseits sowie zwischen sozialen Beziehungen und Gesundheit andererseits wurden durch zahlreiche Studien ausführlich dargelegt. Jedoch wurden nur selten Zusammenhänge zwischen sozialer Ungleichheit und Gesundheit vor dem Hintergrund sozialer Beziehungen analysiert. Ähnliches gilt für die Zusammenhänge zwischen sozialen Beziehungen und Gesundheit: Sozioökonomische Faktoren fanden hier kaum Berücksichtigung. Angesichts dieser Defizite in der sozialepidemiologischen Forschung standen zwei Hypothesen im Zentrum der Analysen: (1) Die Zusammenhänge zwischen sozialen Beziehungen und Gesundheit variieren zwischen verschiedenen sozioökonomischen Statusgruppen (Moderatoreffekt) und (2) soziale Beziehungen können helfen, den Zusammenhang zwischen sozialer Ungleichheit und Gesundheit zu erklären (Mediatoreffekt). Für die Bearbeitung dieser Hypothesen standen zwei prospektive, populationsbezogene Datensätze aus zwei verschiedenen Regionen in Deutschland zur Verfügung: die im Ruhrgebiet durchgeführte Heinz Nixdorf Recall Studie und die in Mecklenburg Vorpommern durchgeführte SHIP-Studie. In beiden Datensätzen wurden sowohl der sozioökonomische Status als auch soziale Beziehungen durch komplexe Instrumente erhoben. Gleichzeitig wurden prospektive Daten für einen zentralen Gesundheitsindikator, die subjektive Gesundheit, zur Verfügung gestellt. Hinsichtlich eines sogenannten Moderatoreffekts von sozialer Ungleichheit auf die Zusammenhänge zwischen sozialen Beziehungen und Gesundheit waren die Ergebnisse der Analysen nicht eindeutig. Zwar zeigten sich in der Gruppe mit niedrigem sozialen Status und schwachen sozialen Beziehungen die höchsten Risiken, eine schlechte subjektive Gesundheit zu berichten, signifikante moderierende Effekte konnten jedoch nicht belegt werden. Des Weiteren wurde die Frage untersucht, inwiefern soziale Beziehungen zur Erklärung des Zusammenhangs zwischen sozialer Ungleichheit und Gesundheit beitragen können (Mediatoreffekt). Hierfür konnten nach Durchführung multipler logistischer Regressionsanalysen deutliche Hinweise gefunden werden. Die Hinzunahme von sozialen Beziehungen in ein Basismodell von sozialer Ungleichheit und subjektiver Gesundheit führte durchschnittlich zu einer Reduktion des ursprünglichen Zusammenhangs von 10 bis 35%. Ähnliche Resultate fanden sich in beiden untersuchten Datensätzen. Dementsprechend lässt sich als eine zentrale Aussage des Forschungsvorhabens konstatieren: Soziale Beziehungen tragen substantiell zur Erklärung gesundheitlicher Ungleichheiten bei. Für die weitere Forschung bedeuten die Ergebnisse, dass die bisher weitgehend getrennten Forschungsstränge zu sozialer Ungleichheit und Gesundheit sowie zu sozialen Beziehungen und Gesundheit stärker miteinander verschränkt werden sollten. Darüber hinaus haben die erzielten Ergebnisse praktische Implikationen: aufgrund des Erklärungsbeitrages von sozialen Beziehungen sollten Interventionen, die eine Verringerung gesundheitlicher Ungleichheit zum Ziel haben, soziale Beziehungen berücksichtigen. Gerade eine Verbesserung der sozialen Beziehungen von Personen in unteren Statusgruppen kann helfen, ihr subjektives Wohlbefinden und ihre Gesundheit zu verbessern. Interventionen zur Verbesserung sozialer Beziehungen könnten besonders dann positive Auswirkungen auf die Gesundheit haben, wenn sie sich auf sozial benachteiligte Gruppen konzentrieren.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2011): Beeinflusst der sozioökonomische Status den Zusammenhang zwischen sozialen Beziehungen und Gesundheit? Eine Moderatoranalyse. Gemeinsamen Jahrestagung der DGSMP und der DGMS in Bremen
Vonneilich N, Jöckel KH, Erbel R, Klein J, Dragano N, Weyers S, Moebus S, Siegrist J, von dem Knesebeck O
- (2011): Do social relations explain health inequalities? Evidence from a longitudinal survey in a changing eastern German region. 10th Conference of the European Sociological Association (ESA) in Genf, Schweiz
Klein J, Vonneilich N, Baumeister SE, Kohlmann T, von dem Knesebeck O
- (2011): Does socioeconomic status affect the association of social relationships and health? A moderator analysis. 10th Conference of the ESA in Genf, Schweiz
Vonneilich N, Jöckel KH, Erbel R, Klein J, Dragano N, Weyers S, Moebus S, Siegrist J, von dem Knesebeck O
- (2011): Does socioeconomic status affect the association of social relationships and health? A moderator analysis. Int J Equity Health 10 (43)
Vonneilich N, Jöckel KH, Erbel R, Klein J, Dragano N, Weyers S, Moebus S, Siegrist J, von dem Knesebeck O
- (2011): Können soziale Beziehungen zur Erklärung gesundheitlicher Ungleichheiten beitragen? Ergebnisse einer Längsschnittstudie aus Vorpommern. Gemeinsame Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP) und der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) in Bremen
Klein J, Vonneilich N, von dem Knesebeck O