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Biopsychosoziale Grundlagen kognitiver Geschlechtsunterschiede bei links-rechts Verwechslung

Antragsteller Dr. Marco Hirnstein
Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2009 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 164914990
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Kognitive Geschlechtsunterschiede sind gut dokumentiert und werden zumeist entweder biologisch oder psychosozial erklärt. Das vorliegende Projekt untersuchte daher in einem biopsychosozialen Ansatz, wie das Zusammenspiel von Sexualhormonen, funktionellen Hirnasymmetrien, Geschlechtsstereotypen, und der Präsenz von Mitgliedern des anderen Geschlechts zu jenen kognitiven Geschlechtsunterschieden beitragen. Sowohl für mentale Rotation als auch Wortflüssigkeit zeigte sich, dass die Anwesenheit von Mitgliedern des anderen Geschlechts einen positiven Effekt auf die kognitive Leistung hat (Studie 1) – es sei denn Geschlechtsstereotype wurden zuvor aktiviert. Dadurch könnte zusätzlicher Leistungsdruck aufgebaut werden, der zum Kippen der scheinbar leistungsfördernden Konkurrenzsituation in gemischtgeschlechtlichen Gruppen führt. In Studie 1 hatte eine solche Aktivierung von Geschlechtsstereotypen einen Leistungseinbruch bei Männern in einer Wortflüssigkeitsaufgabe zur Folge, die Leistung von Frauen in einer mentalen Rotationsaufgabe verschlechterte sich hingegen nicht (Studie 2). Dies steht im klaren Gegensatz zu früheren Befunden, die keine Effekte bei Wortflüssigkeit, aber bessere Leistung bei Männern in mentaler Rotation fanden und verdeutlicht, dass Stereotypeffekte teilweise viel heterogener sind als häufig in der Literatur berichtet. Diese Unterschiede könnten daraus erwachsen, dass Probanden die Stereotypsituation mal als Herausforderung und mal als Bedrohung bewerten. Obwohl die Analyse der Hormonspiegel in Studie 2 und 3 noch ausstehen, zeigt Studie 1, dass diese Stereotypeffekte nicht prinzipiell durch Testosteron vermittelt werden. Dies war zuletzt spekuliert worden. Die höhere links-rechts Fehlerzahl bei Frauen ließ sich nicht durch die Befürchtung negative Geschlechtsstereotype zu bestätigen, erklären. Weiterhin konnte ausgeschlossen werden, dass der leichte männliche Vorteil auf einer weniger asymmetrischeren Hirnorganisation bei Frauen basiert (Studie 2). Die Befunde von Studie 2 zeigen jedoch, dass Frauen insbesondere Probleme mit den Labeln „links“ und „rechts“ haben, was sich mit der Idee deckt, dass links-rechts Fehler das Ergebnis einer falschen Zuordnung jener Label ist. D.h. der Ursprung des Geschlechtsunterschiedes in links-rechts Entscheidungen scheint in einem fehleranfälligeren „Labelling-Prozess“ bei Frauen zu liegen. Der Gebrauch von rTMS zeigte, dass der linke Gyrus angularis eine zentrale Rolle für links-rechts Entscheidungen spielt (Studie 4). Eine Stimulation dieser Region beeinträchtigte die Fähigkeit zur links-rechts Unterscheidung. Da dies gleichermaßen für Männer wie für Frauen galt, scheint diese Struktur nicht die neuronale Basis des Geschlechtsunterschiedes zu bilden. Allerdings kann dies wegen der für TMS Studien typischen, geringen Stichprobengröße nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Eine fMRT Studie deutet schließlich darauf hin, dass der Gyrus angularis Teil eines fronto-parietalen Netzwerkes ist, das die neuronale Basis für links-rechts Entscheidungen darstellt und nach vorläufigen Analysen, je nach Zyklusphase der Frau, geschlechtsspezifische Unterschiede aufweist. Ob diese Unterschiede weiter zur Aufklärung des Geschlechtsunterschieds in links-rechts Verwechslung beitragen kann, müssen zukünftige Studien zeigen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2010). Are individual differences in left-right confusion the result of differences in hemispheric asymmetry? An analysis of sex and handedness effects. 28th European Workshop on Cognitive Neuropsychology, Bressanone, Italy
    Hirnstein, M., & Hausmann, M.
  • (2010). Neural and cognitive correlates of sex differences in left-right discrimination. Human Brain Mapping, Barcelona, Spain
    Hjelmervik, H., Hirnstein, M., Osnes, B., Hausmann, M., Hugdahl, K., & Specht, K.
  • 2010. Kognitive Geschlechtsunterschiede. In Handbuch Psychologie und Geschlechterforschung. Steins, G. Wiesbaden VS Verlag für Sozialwissenschaften. 69-85
    Hirnstein, M. & Hausmann, M.
  • (2011). Changes in hemispheric asymmetry across the female cycle in left-right decision task. Human Brain Mapping, Quebec, Canada
    Hjelmervik, H., Hirnstein, M., Osnes, B., Endresen, C., Hausmann, M., Hugdahl, K. et al.
  • (2011). TMS over the left angular gyrus impairs the ability to discriminate left from right. Neuropsychologia, 49, 29-33
    Hirnstein, M., Bayer, U., Ellison, A., & Hausmann, M.
  • (2011). TMS over the left angular gyrus impairs the ability to discriminate left from right. Psychologie & Gehirn, Heidelberg, Germany
    Hirnstein, M., Bayer, U., Ellison, A., & Hausmann, M.
  • Dichotic listening and left right confusion (2011). Brain and Cognition, 76, 239-244
    Hirnstein, M.
 
 

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