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GRK 1678:  Materialität und Produktion

Fachliche Zuordnung Kunst-, Musik-, Theater- und Medienwissenschaften
Förderung Förderung von 2012 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 164317292
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

"Produktion" und "Materialität" sind zentrale Begriffe der Kultur- und Geistesgeschichte, die im Rahmen des Graduiertenkollegs sowohl in ihrer historischen Konkretisierung als auch in ihrer jeweiligen systematischen Ausdifferenzierung erforscht wurden. Dabei galt es nicht nur zu bedenken, dass die Vorstellung von Materie historisch und kulturell produziert ist, sondern auch zu untersuchen, wie sich Materie, Material und Materialität zueinander verhalten. Im Zentrum stand zudem die Frage, wie Materialität und Produktion wechselseitig aufeinander wirken sowie die Erörterung des Phänomens, dass selbst die Produktion des Immateriellen auf einen materiellen Zusammenhang angewiesen ist. Anhand der theoretischen Diskussionen und den Untersuchungen historischen und empirischen Materials bei den einzelnen Promotionsprojekten zeigte sich die Triftigkeit der Grundhypothese unseres Kollegs: Die Erörterung von Materialität und Produktion als relationale Größen macht begriffliche, phänomenale und historische Zusammenhänge auf neue Weise sichtbar, analysierbar und kritisierbar. Es hat sich im Laufe des Förderzeitraums als triftig erwiesen, dass mit Materialität und Produktion zwei Seiten eines Zusammenhangs gekennzeichnet sind, mit dem in der europäischen Tradition versucht wurde, den Anteil des Menschen an den Veränderungen der Welt zu fassen. Aus der Perspektive der einzelnen Teilfächer hat sich durch den Diskurs der Umgang mit den in Frage stehenden Begriffen verändert, so dass diese Teil eines wissenschaftstheoretischen Produktionsprozesses wurden. Bei den der Produktion zuzurechnenden Formen, wie etwa Herstellung, Arbeit, Performativität, Imagination, Kreativität etc. zeigte sich, dass in solchen, vermeintlich rein instrumentellen Objekt- und Materialverhältnissen eine als autopoietisch und komplex zu bezeichnende prozessuale Produktivität zu beobachten ist. Diese verschiebt klare Subjekt-Objekt-Relationen und spannt sie bspw. zu einem komplexen Netz von Akteuren auf. Ein vergleichbarer Befund zeigte sich mit Blick auf die Begriffstrias Materie, Material, Materialität: Hier erweist es sich als sinnvoll, von einer in Materie und Material mitlaufenden Materialität auszugehen - diese wird wirksam als ästhetischer Eigenwert bzw. Eigensinn des Materials. Gemeinsamkeiten und Differenzen konnten im interdisziplinären Diskurs in den Operationen von performativen Künsten, in Phänomenen von Literatur und Kunst sowie in der Wissensproduktion herausgearbeitet werden: Operationen, die die Relation von Materialität und Produktion stiften, sind u. a. die Materialisierung als sinnlich wahrnehmbare Konkretisierung, als technisch-mediale Exposition des Arbeits­ und Produktionsprozesses oder mittels Überschussästhetik. Dazu gehören Strategien zur materiellen Erfahrbarkeit von Arbeit über die bewusste Hervorkehrung der Materialprozesse oder umgekehrt die Inszenierung des Werks als Ereignis mit immaterieller bzw. nicht produkthafter Qualität. Dabei ist die Ereignishaftigkeit der Materialisierungsprozesse zu betonen, etwa die spezifische Oberflächenwirkung nicht nur durch die künstlerische Einwirkung, sondern durch Widerständigkeit und Eigenaktivität des Materials, z.B. im Zusammenhang mit Witterung, Zeitlichkeit und Bewegung. Auch Materialstudien insbesondere in kunsthistorischen und historischen Projekten fragten deshalb nach der Beziehung des Eigenwertes des Materials zu einer derart beschriebenen Dynamik von Materialität und Produktion. Ein weiterer Fokus der gemeinsamen Arbeit betraf die Untersuchung des Verhältnisses von Materialität und Medialität: Beide referieren auf den Spurenraum des Werdens kultureller Phänomene, insofern sie erst in ihrer Materialisierung wahrgenommen werden. Materialität ist die Bedingung und die Potentialität, die kulturelle Phänomene ermöglicht und aus der heraus sie entstehen. Die hieraus resultierende Notwendigkeit, sich materiellen Mediationen von Prozessualität zuzuwenden, statt ein Denken von statischen Vermittlungen zwischen vorgegebenen, abstrakten Konfigurationen fortzuführen, ist Erkenntnis und zugleich Ausgangspunkt für weitere Forschungen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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