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Kulturelle Zeiträume einer atlantischen Metropole: São Paolo (Brasilien) 1867 - 1930

Antragsteller Dr. Sebastian Dorsch
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2010 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 160662287
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Auch in der zweiten Förderperiode bestand das zentrale Ziel des Projektes in der Untersuchung von sich radikal verändernden Zeit- und Raumerfahrungen und -konzeptionen im São Paulo der Zeit zwischen 1867 und 1930. Eine Konsequenz der Arbeit der ersten Förderperiode war die Fokussierung auf die Untersuchung von räumlichen und zeitlichen Praktiken und auf die Produktion und die Produzenten von Raum und Zeit. So gelang es methodologisch, zum einen mit den Akteuren gemeinsame Ausgangspunkte für die Untersuchung der Raum- und Zeitphänomene zu gewinnen und damit der sonst häufigen a priori-Fokussierung auf eine der beiden Kategorien zu begegnen. Gleichzeitig können so die Subjekte der Erfahrungen und die Akteure der Konzeptionierungen in den Blick genommen werden. Als methodologisches Ergebnis des Berichtszeitraum stand die Figur des „translokalen Wissensakteurs“: Akteure setzen sich qua Wissen mit der von ihnen er- und gelebten translokalen Um-Welt auseinander. Das Lokale ist dabei nicht rein räumlich, sondern als raumzeitliches Lokalisieren des Akteurs zu verstehen. Im Fokus stehen also RaumZeitproduzierende Akteure und ihre Aneignungs-Praktiken und nicht nur die Ergebnisse der Produktion. Zum anderen greift der Ansatz Vorstellungen der Praxistheorie auf und weist der Materialität der Dinge und Räume eine „Widerständigkeit“ zu. Wie die Studien der ersten Phase zeigten, stellten unterschiedliche Akteure enge Verbindungen zwischen spezifischen Räumlichkeiten und Zeitlichkeiten her. Die Erfahrung des Paulistaner Raumes, insbesondere die Orientierung gen amerikanisches Hinterland, wurde mit der Erfahrung einer spezifischen Fortschrittlichkeit und Zukunftsorientierung in Verbindung gebracht. Damit wurde insbesondere die eurozentrische Zivilisationserzählung modifiziert. Um die verkürzte Förderdauer effizient zu nutzen, stellte der Antragsteller das Arbeitsprogramm um und fokussierte auf die Bereiche Kartographie/Wissensgeschichte und Methodologie. Das Konzept der RaumZeitlichkeit konnte während der Förderlaufzeit etabliert werden: Die Erfurter RaumZeit-Forschung (ERZ) ist nicht nur an der Universität Erfurt eine fest etablierte Größe und gehört dort zu den Forschungsschwerpunkten. Auch über Erfurt und Deutschland hinaus erhält der Ansatz viel positive Resonanz, unter anderem durch immer neue Mitglieder und Anfragen zur Mitarbeit. Unter anderem ist der de Gruyter Oldenbourg-Verlag an die ERZ herangetreten, um eine einschlägige internationale Buchreihe zu entwickeln. Dies ist 2016 mit dem Start von SpatioTemporality. Practices – Concepts – Media gelungen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Die verzeitlichte Welterfassung und Löcher im Netz: Phileas Fogg und die Latinité, in: Passepartout (Hgg.): Weltnetzwerke – Weltspiele: Jules Vernes In 80 Tagen um die Welt, Konstanz 2013, S. 215-218
    Sebastian Dorsch
  • Die ‚Yankee City‘ São Paulo im verzeitlichten Atlantik: die Nerven- und Modernekrankheit Neurasthenie, in: Georg Fischer u.a. (Hgg.): Brasilien in der Welt. Region, Nation und Globalisierung 1870-1945 (Globalgeschichte 14), Frankfurt/M./New York 2013, S. 296-319
    Sebastian Dorsch
  • Space/Time Practices and the Production of Space and Time. An introduction, in: Special Issue "Space/Time Practices" (hg. v. Sebastian Dorsch u. Susanne Rau), Historische Sozialforschung – Historical Social Research 3 (2013), S. 7-21
    Sebastian Dorsch
    (Siehe online unter https://doi.org/10.12759/hsr.38.2013.3.7-21)
  • Os paulistanos, ‘ianques do sul’, e a neurastenia, ‘doença moderna’ (c. 1890-1930), in: História, Ciências, Saúde – Manguinhos 21/1 (2014), S. 169-180
    Sebastian Dorsch
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1590/S0104-59702014005000009)
  • „Brasilien“ zwischen Insel-Topos und „Neuer Welt“: Ein raum-zeitlicher Versuch über Weltbilder und Welterfahrungen im frühen Anthropozän, in: Olaf Breidbach/Andreas Christoph/Reiner Godel (Hgg.): Welt-Anschauungen. Interdisziplinäre Perspektiven auf die Ordnungen des Globalen (Acta Historica Leopoldina 67), Stuttgart 2015, S. 15-41
    Sebastian Dorsch
  • Translokale Wissensakteure: Ein Debattenvorschlag zu Wissens- und Globalgeschichtsschreibung, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 64 (2016), Heft 9, S. 778–795
    Sebastian Dorsch
  • „Was die Mode streng getheilt...“ Materialität und Wahrnehmung von Grenzen in der Geschichtsschreibung der Moderne. In: Helene Breitenfellner u.a. (Hgg.): Grenzen - Kulturhistorische Annäherungen (Globalhistorische Skizzen 30), Wien: mandelbaum 2016, S. 34-51
    Sebastian Dorsch (mit Benjamin Steiner)
  • Wissen produzieren, lokalisieren und imaginieren. Von „falschen Karten“ und „wissenschaftlichen Expeditionen“ in der Auseinandersetzung um Guyana (1880er bis 1900er Jahre), in: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 40 (2017), S. 39-63
    Sebastian Dorsch
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/bewi.201701807)
 
 

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