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Veränderungsprozesse in der Psychotherapie depressiver Patienten

Antragstellerin Dr. Kathrin Moertl
Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2009 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 160013207
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Ziel des vorliegenden Projekts war die Beschreibung eines psychotherapeutischen Prozessmodells bei depressiven Patienten. Es wurden vier Fälle der YORK-I Depressionsstudie ausgewählt. Die vier Patienten, drei Frauen und ein Mann, nahmen an einer Psychotherapiestudie zur Evaluierung der Emotion-Focused Therapy teil. Ihre Therapiesitzungen wurden aufgezeichnet und transkribiert. Die Therapien dauerten zwischen 15 und 18 Sitzungen, zwei Patientinnen schlossen die Therapie erfolgreich ab, ein Patient und eine Patientin waren in der Therapie nicht erfolgreich. Die insgesamt 72 Sitzungen wurden narrativ analysiert (Narrative Process Coding System). Danach wurden die 1087 definierten narrativen Segmente im vorliegenden Projekt mit zwei Instrumenten codiert: der Konfliktachse der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik II (OPD) und der Assimilation of Problematic Experiences Scale (APES). Für die OPD musste anfänglich ein Codiermanual erstellt werden, da die Konfliktkategorien in dieser Form noch nie an empirischem Material angewandt wurden. Die OPD Codierung wurde von zwei unabhängigen Codierern durchgeführt (ein vollständiger Case mit Consensual Agreement, ein Drittel des weiteren Materials wurde unabhängig codiert und erreichte einen Interreliabilitäts-koeffizienten von .778 (Cohen’s Kappa, was für gute Reliabilität der Codierung spricht). Der vorherrschende Konfliktfokus von allen vier depressiven Patienten war der Autarkie vs. Versorgungskonflikt. Von möglichen 14 zu vergebenen Konfliktmodi wurde der passive Konfliktmodus Versorgung für 32,5% der codierten Konfliktsegmente vergeben. In drei der vier Fälle war die Versorgung der häufigste Konfliktmodus (passiv): Dies umfasst Themen wie: Abhängigkeit von anderen versorgt zu werden, „dependent and demanding“, Kontakthunger, Angst davor verlassen zu werden, „nicht genügend von anderen bekommen“. In einem Fall war der häufigste Konfliktmodus die Autarkie (aktiv), Versorgung war an zweiter Stelle. Der Autarkie Konfliktmodus umfasst Themen wie: übertriebene Selbstgenügsamkeit, Anspruch andere zu versorgen mit der Erwartung etwas zurückzubekommen, Angst davor verlassen zu werden. Betrachtet man den Therapieverlauf der zwei good-outcome Cases sind folgende Aspekte charakteristisch: Mittleres Problemverständnis zu Therapiebeginn (Problembenennung und Einsicht); in der Therapie wird vor allem am Hauptkonfliktfokus (aktiver und passiver Modus) gearbeitet; die drei formulierten Verlaufsentwicklungen auf der APES Skala negativ/hinderliche, spontan-positive und konstant-positive wechseln sich im Therapieverlauf ab. Am Ende der Therapie wird eine konstant-positive Entwicklung erreicht. Die poor-outcome Cases unterscheiden sich davon in folgenden Merkmalen: Sie beginnen die Therapie auf niedrigem Problemverständnis (unerwünschtes und vages Bewusstsein); neben dem Hauptkonflikt-modus Versorgung (passiv) werden viele weitere Konfliktfoki präsentiert. Der aktive Hauptkonfliktmodus Autarkie bleibt weitgehend unbearbeitet; während des Therapieverlaufs gibt es keine Stundensequenz mit konstant-positiver Entwicklung auf der APES Skala; auch am Ende der Therapie wird keine genügend hohe Problembewältigung erreicht. Der vorherrschende Konfliktfokus Autarkie vs. Versorgung bestätigt empirisch das theoretische Konzept des depressiven Grundkonflikts nach Rudolf. Die OPD ist als empirisches Instrument zur weiteren Erforschung von Psychotherapieprozessen geeignet. Das veranschaulichte Therapieprozessmodell zeigt validierende Ähnlichkeit zu einem weiteren empirisch belegten Prozessmodell, dem Therapeutischen Zyklusmodell nach Mergenthaler. Das präsentierte Verlaufsmodell sollte anhand des angewandten Codiersystems in einer Folgestudie an weiterem Material anderer Psychotherapiemethoden getestet und erweitert werden, um in Zukunft Prozess-Outcome Prädiktoren in der Therapie von depressiven Patienten identifizieren zu können.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2010). Conceptualizing shift events with qualitative research strategies [Conference paper abstract] in: SPR Programme Committee, Book of Abstracts of the 41st Annual Meeting of the Society for Psychotherapy Research, pp62-63. Ulm: Ulmer Textbank Verlag
    Moertl, K.
  • (2010). Developing a Systematic Procedure for the Assessment of Self-Defining Memories in Psychodynamic Therapy: Promise and Pitfalls. Pragmatic Case Studies in Psychotherapy [Online Journal]. Article 3: 203-214
    Moertl, K., Boritz, T., Bryntwick, E., & Angus, L.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.14713/pcsp.v6i3.1043)
  • (2011). Narrative in Psychotherapy: Triangulation Strategies based on the Case of Sarah (Part I) [Conference paper abstract] in: SPR Programme Committee, Book of Abstracts of the 42nd Annual Meeting of the Society for Psychotherapy Research, pp16-17. Ulm: Ulmer Textbank Verlag
    Moertl, K.
  • (2011). Triangulation: how to build upon each other’s studies [Conference paper abstract] in: SPR Programme Committee, Book of Abstracts of the 42nd Annual Meeting of the Society for Psychotherapy Research, p117. Ulm: Ulmer Textbank Verlag
    Moertl, K.
 
 

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