Rasterkraftmikroskop mit Fluoreszenzeinrichtung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Rastkraftmikroskop (‚atomic force microscope‘, AFM) wird intensiv von den Arbeitsgruppen Herrmann (Med Mikrobiologie, Campus Homburg) und Jacobs (Experimentalphysik, Campus Saarbrücken) genutzt. Die AG Herrmann befasst sich schwerpunktmäßig mit der Infektionsbiologie von S. aureus, einem potentiell hochvirulenten Erreger und Verusacher schwerer Infektionen bei Krankenhauspatienten und immungeschwächten Personen. Die Fragestellungen der Arbeitsgruppe adressieren dabei ganz besonders Aspekte der Interaktion von S. aureus mit biologischen wie nicht-biologischen Oberflächen und der Identifizierung und funktionellen Charakterisierung von bakteriellen Adhäsionsmechanismen. Die AG Jacobs adressiert die Charakterisierung der Wechselwirkungen, die das Verhalten von Materie in eingeschränkter Dimension bestimmen und untersucht hierzu dünne (Bio-)Filme aus einfachen und komplexen Flüssigkeiten oder Biomolekülen (Proteine, Bakterien) mit Methoden der Ober- und Grenzflächenphysik. Beide AGs kooperieren eng im SFB1027, TP B2 „Bacterial adhesion and biofilm formation: Physical processes at interfaces“ und untersuchen hier die Determinanten der Oberflächeninduzierten Interaktion von Staphylokokken mit Substraten sowohl auf Einzelzellebene als auch in komplexen Konsortien. Gemeinsame Vorarbeiten mit fixierten, apathogenen S. carnosus Stämmen zeigten, dass physikalische Voraussetzungen für die Adhäsion nicht nur vom Material der Substratoberfläche, sondern auch von tieferliegenden Schichten des Substrats abhängen. Die Aufstellung des AFM Mikroskops im S2-Labor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie erlaubte nun die konsequente Untersuchung unfixierter, humanpathogener, sowie gentechnisch modifizierter Isolate. Seit Beschaffung und Nutzung im S2-Labor im Institut für Medizinische Mikrobiologie sind folgende Projekte mit Erfolg bearbeitet und teilweise auch bereits abgeschlossen worden: - Untersuchung der Adhäsion von Staphylokokken an SiO2 Oberflächen unterschiedlicher Schichtdicke. Trotz identischer Materialchemie und gleich starker kurzreichweitiger Kräfte konnte eine Änderung der langreichweitigen van der Waals Kräfte gezeigt werden, abhängig von der Schichtdicke des SiO2. Es gilt, je dicker die terminierende SiO2 Schicht, desto niedriger die Adhäsionskraft. - Die Haftkraft von odontopathogenen Mikroorganismen (insbes. Streptococcus spp) an Dentin und damit die Verursachung von Karies hängt wesentlich von der Interaktion bakterieller Oberflächenkomponenten mit Apatitoberflächen ab. Wir konnten zeigen, dass die Einzelzell-Adhäsion von Streptococcus mutans und Staphylococcus carnosus durch Fluor (F-)-Behandlung von Hydroxyapatit und daraus entstehendes Fluoroapatit um circa die Hälfte reduziert wird. Diese Beobachtung stellt einen bisher unbekannten, klinisch jedoch potentiell bedeutsamen Mechanismus zur protektiven Wirkung von ionisiertem Fluor in der Prophylaxe/Prävention von Karies dar. - Die Elastizität der bakteriellen Zellwand wird möglicherweise vom Grad der Quervernetzung des Peptidoglykans beeinflusst, die über die Penicillin-Binde-Proteine (PBP), unter anderem PBP4, dem eine Bedeutung in der Expression der Methicillin-Resistenz in S. aureus (MRSA) zugesprochen wird, vermittelt wird. In Kooperation mit der AG M. Pinho (Lissabon) haben wir PBP4-defiziente S. aureus Mutanten eingesetzt, um in Einzelzelluntersuchungen die Zellwandelastizität und den Turgor der Zelle zu bestimmen. Unter Einsatz des ‚quantitative nanomechanical mapping‘ (QNM) mode konnten wir zeigen, dass pbp4 Deletions-Mutanten eine reduzierte Zellwand-Steifigkeit, und zwar sowohl in ambulant erworbenen wie in hospital-assoziierten MRSA Organismen aufweisen. - Sogenannte ‚livestock-associated‘ MRSA (LA-MRSA) sind gekennzeichnet durch eine hohe Übertragbarkeit in Tierpopulationen, aber auch auf den Menschen. In kraftspektrometrischen Einzelzell-Analysen haben wir untersucht, wie sich die Adhäsionskräfte gegenüber extrazellulären Matrixproteinen mit Bedeutung für die Adhäsion an eukaryonte Wirtszellen (Fibronektin) unterscheiden. Wir haben gesichert, dass LA-MRSA Subpoplationen sich im Hinblick auf die Adhäsionskräfte unterscheiden. Konventionelle Adhäsionsassays haben darüber eine reduzierte Adhäsion von LA-MRSA insbesondere im Vergleich zu nosokomial erworbenen MRSA (HA-MRSA) gezeigt (dies muss mit AFM noch bestätigt werden). Wir postulieren, dass dies die Fähigkeit nicht nur zur Besiedlung, sondern auch zur Ablösung und damit auch Propagation tierpathogener S.aureus Zellen vermittelt. Insgesamt konnten trotz des erst dreijährigen Einsatzes des AFM drei größere Projekte durchgeführt und abgeschlossen werden; mehrere weitere Projekte, u.a. zum bakteriellen Turgor in Abhängigkeit von osmotischen Bedingungen, der Adhäsionsstärke als Ausdruck eines physikalischen „Gedächtnisses“ nach vorangegangenem Adhäsionsprozess sowie zur Kohäsion von Mikroorganismen innerhalb strukturierter Konsortien sind Gegenstand unserer laufenden Untersuchungen. Unmittelbar klinisch relevante Untersuchungen schliessen dabei adhäsive Kraftmessungen von S. aureus mit biokompatiblen Substraten, welche für die endokardiale Implantation entwickelt werden, ein.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- "Influence of the subsurface composition of a material on the adhesion of staphylococci". Langmuir 28 (2012) 7242
P. Loskill, H. Hähl, N. Thewes, C. T. Kreis, M. Bischoff, M. Herrmann and K. Jacobs
- "Reduced adhesion of oral bacteria on hydroxyapatite by fluoride treatment". Langmuir 29 (2013) 5528
P. Loskill, C. Zeitz, C. Grandthyll, N. Thewes, F. Müller, M. Bischof, M. Herrmann and K. Jacobs