Surface-controlled mechanical properties of nanoporous metals
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ausgangspunkt des Projekts war die Frage nach dem Einfluss der äußeren Oberflächen auf die plastische und elastische Verformung von nanoskaligen Objekten. Die mikroskopischen Mechanismen hinter der generellen Beobachtung “kleiner ist fester“ sind bislang nur unvollständig verstanden. Ein Einfluss der Oberfläche liegt nahe, ist jedoch weder prinzipiell etabliert noch im Detail verstanden. Der Beitrag der Oberfläche zum elastischen Verhalten wird durch eine Exzess-elastische Konstante der Fläche parameterisiert. Beim Stand der Forschung bleibt jedoch offen, ob die Oberflächenbereiche steifer oder nachgiebiger sind als das Volumen, und ob der Betrag der Exzess-elastischen Konstante überhaupt hinreichend für einen messbaren Einfluss auf das Verhalten von Nanomaterialien ist. Vor dem oben beschriebenen Hintergrund verfolgt das Projekt zwei originelle Ansätze: Erstens werden nanoporöse Metalle mit einem extrem großen volumenspezifischen Flächeninhalt untersucht, die in Form Millimeter-großer Körper mit hoher plastischer Verformbarkeit in Kompression vorliegen. Zweitens wird der Zustand der Oberflächen dieser Körper unter elektrochemischer Kontrolle geändert und das plastische wie elastische Verhalten dadurch reversibel beeinflusst. Die elektrochemischen Prozesse an der Oberfläche sowie die Variation der unterschiedlichen Kapillarterme (Oberflächenspannung, elastische Flächenspannung, elektrische Ladungsdichte, Gibbs’scher Exzess und Bindungsstärke der adsorbierten Ionen) sind im Wesentlichen bekannt. Daher eröffnen die Ergebnisse des Experiments prinzipiell die Gelegenheit für Rückschlüsse auf die jeweils dominierenden Wechselwirkungsterme. Neben dem erwarteten Erkenntnisfortschritt hinsichtlich von Kapillarenphänomenen und deren Einfluss auf das Materialverhalten wurde auch der Nachweis für eine neue Strategie des Materialdesigns angestrebt: Als Hybridmaterialien aus Metall und Wasser mit kontrolliert polarisierbaren Grenzflächen besitzen die zu untersuchenden Systeme das Potential für gänzlich neuartige funktionelle Eigenschaften. Ein neues Syntheseprotokoll für die Herstellung von rissfreien Proben aus nanoporösem Gold durch Korrosion von Cu-Au basiert auf der Vermeidung von Korngrenzensegregation des Kupfer durch Rascherstarren oder hohe plastische Verformung. Wichtigste Beobachtung hinsichtlich der Plastizität ist, dass die Fließspannung sich durch elektrische Signale schalten lässt. Die Änderung der Fließspannung ist reversibel und groß, nämlich relative Änderung um bis zu den Faktor 2. Die erstmalige Realisierung eines Materials mit elektrisch schaltbarer Festigkeit und Fließspannung ist ein grundsätzlich neuer Befund. Ganz analog ergibt sich für das elastische Verhalten eine Schaltbarkeit der effektiven makroskopischen Steifigkeit. Die Größe des Effekts deutet auf eine Variation der Exzess-elastischen Konstante der Oberfläche hin, die betragsmäßig um ein mehrfaches größer ist als der bislang vermutete theoretische Absolutwert dieser Größe. Die Ergebnisse stellen den bislang schlüssigsten Nachweis für die Existenz einer signifikanten Exzess-elastischen Konstanten dar. Zudem sind sie ein weiterer Beleg für eine neue Funktionalität: Hier wird erstmals eine elektrisch schaltbare Steifigkeit erzielt. Die Ergebnisse belegen zweifelsfrei einen großen Einfluss der Oberfläche auf das plastische Verhalten von Nanomaterialien. Hinsichtlich der zu Grunde liegenden Mechanismen werden die Wirkung der elastischen Flächenspannung, sowie die Energie von Gleitstufen oder das “adsorption locking“ von Versetzungsendpunkten auf der Oberfläche durch die Ergebnisse nicht favorisiert. Verträglich sind die empirischen Befunde dagegen mit entscheidenden Beiträgen der Exzess-Elastizität sowie der bereits seit langem von “zero-creep“-Experimenten bekannten Laplacekräfte. Eine vertiefte Diskussion dieser Thematik ist Gegenstand abschließender Arbeiten.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- A Material with Electrically Tunable Strength and Flow Stress. Science 332 (2011) 1179
H.J. Jin and J. Weissmüller
- Crack Mitigation during Dealloying of Au25 Cu75. Advanced Engineering Materials 716 (2014) 389
Y. Zhong, J. Markmann, H.J. Jin, Y. Ivanisenko, L. Kurmanaeva and J. Weissmüller
(Siehe online unter https://doi.org/10.1002/adem.201300211) - Electrical Stiffness Modulation – Confirming the Impact of Surface Excess Elasticity on the Mechanics of Nanomaterials. Acta Materialia 76 (2014) 272
N. Mameka, J. Markmann, H.J. Jin and J. Weissmüller
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.actamat.2014.04.067)