Der Einfluss von Aufsichtsratsnetzwerken auf erzwungene Führungswechsel und auf die Bestellung qualifizierter Nachfolger an der Unternehmensspitze
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel dieses Projekts war es, den Einfluss von Aufsichtsratsnetzwerken auf den erzwungenen Führungswechsel bei einer schwierigen Erfolgslage des Unternehmens zu untersuchen. Soziale Beziehungen, die durch Aufsichtsratsnetzwerke entstehen, sind ein wesentlicher Bestandteil der Corporate Governance. Sie stellen soziales Kapital dar, das bei einer schlechten Erfolgslage des Unternehmens widersprüchliche Konsequenzen für einen Wechsel an der Unternehmensspitze haben kann. Auf der einen Seite bietet ein hohes soziales Kapital dem Vorstandsvorsitzenden selbst bei schwacher Performance einen Schutz vor Entlassung. Auf der anderen Seite bewirkt ein relativ höheres soziales Kapital auf Seiten des Aufsichtsrates, dass ein erzwungener Wechsel an der Unternehmensspitze bei Performanceproblemen wahrscheinlicher wird. Ein weiterer wesentlicher Effekt kann durch das völlige Fehlen sozialen Kapitals aus Aufsichtsratsnetzwerken entstehen. Solche Aufsichtsratsmitglieder, die im bestehenden Netzwerk nicht eingebunden sind, haben dabei offensichtlich die Handlungsfreiheit, auf eine rasche Entlassung von Vorstandsvorsitzenden bei schwacher Performance hinzuwirken. Insgesamt zeigt sich, dass bei der Beurteilung der Wirkung von Aufsichtsratsnetzwerken zu berücksichtigen ist, welche Personen in diese Netzwerke eingebunden sind und welche Funktion sie im Unternehmen ausüben. In einer Entscheidungsfunktion als Vorstandsvorsitzender kann das soziale Kapital aus Aufsichtsratsnetzwerken eine Entlassung auch bei schwacher Performance verhindern. Dies kann darin begründet liegen, dass der Vorstandsvorsitzende aufgrund seines sozialen Kapitals eine Vormachtstellung inne hat oder dass - gerade in Zeiten schlechter Performance - ein Verlust seines sozialen Kapitals durch einen erzwungenen Wechsel nicht in Kauf genommen werden soll. Ein relativ höheres soziales Kapital auf Seiten eines Aufsichtsratsvorsitzenden macht dagegen eine Entlassung des Vorstandsvorsitzenden bei schwacher Performance wahrscheinlicher. Hintergrund ist, dass diese Aufsichtsratsvorsitzenden eine hohe Machtposition innerhalb des Unternehmensgefüges einnehmen und durch rasches Handeln ihr eigenes soziales Kapital schützen können. Eine ähnliche Wirkung lässt sich für „Außenseiter" im Aufsichtsrat feststellen, die nicht in das bestehende Aufsichtsratsnetzwerk eingebunden sind.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2009): „Gut vernetzt - Warum Vorstandsvorsitzende häufig zu spät entlassen werden", Zeitschrift Führung und Organisation (zfo), 80 (5): 329-334
Markus Wrage, Anja Tuschke, Rudi Bresser
- How CEOs protect themselves against dismissal: A social status perspective. Strategic Management Journal Vol 37 Issue 6, June 2016, Pages 1107-1117. First published: 18 March 2015
Markus Wrage, Miriam Flickinger, Anja Tuschke, Rudi Bresser
(Siehe online unter https://doi.org/10.1002/smj.2382)