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Narrarive Vermittlung kollektiver traumatischer Erfahrungen am Beispiel des griechischen Bürgerkriegs

Subject Area European and American Literary and Cultural Studies
Term from 2009 to 2012
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 139222042
 
Final Report Year 2013

Final Report Abstract

Die in der psychotraumatologischen Literatur beschriebenen „Traumatypen" und -Symptome finden in der narrativen Repräsentation kollektiver traumatischer Ereignisse ihre Entsprechung. Neben Narrativen, in denen jede Repräsentation eines Traumas fehlt oder in denen traumatisierte Figuren beschrieben werden, gibt es Texte, die einen „traumatischen Diskurs" aufweisen. Hier steht die Rekonstruktion von Erinnerung zu einem Narrativ im Mittelpunkt. Dies gilt mehr für fiktionale Texte als für solche, in denen natürliche Personen über sich selbst berichten. Autobiografische Texte unterliegen deutlich spezifischeren Gattungskonventionen. Sie weisen nur in seltenen Ausnahmen einen traumatischen Diskurs auf und zeichnen sich vielmehr durch Strategien des (Ver-) Schweigens aus. Die Lektüre der Texte als Korpus ermöglicht eine Periodisierung: In der Phase der Latenz und der Ausbildung einer Erinnerungskultur (1949-1974) konkurrieren öffentliches Schweigen und elitäre, engagierte Erinnerungsstiftung. In dieser Phase dominiert die fiktionale Literatur: Ihre Figuren und deren Taten sind nicht „justiziabel". In autobiographischen Texten wird auf Kollektive fokussiert, die verantwortlichen Akteure verschwinden in der Masse. In der Phase der Thematisierung von Leid und der Anerkennung von Opferschaft (1974-1989) rücken natürliche Personen und somit autobiografische Texte in den Mittelpunkt. Autofiktionale Texte kombinieren die Vorteile fiktionalen und autobiografischen Schreibens: Das persönliche Schicksal wird zum Paradigma für das Kollektiv. In der Phase der Vergangenheitsaufbewahrung und der partiellen Heilung (seit 1989) wird die umfangreiche Produktion an Selbstzeugnissen fortgesetzt, die Narrative beinhalten nun verstärkt auch die veränderte Sicht auf die Ereignisse. Dies führt in der Fiktion zu einer Revision der Rollen von Opfern und Tätern, nicht aber in den Selbstzeugnissen, was die unterschiedliche Funktion der Textsorten bestätigt. Ein karikierender Blick auf Täter und Opfer bleibt weiterhin ein Tabu. Die Datenblätter machen die Texte, auch sortenübergreifend, grundsätzlich vergleichbar. Zugleich machen sie „Traumatexte" narratologisch beschreibbar. Merkmale des „traumatischen Diskurses" sind Erzählerzeit, Präsenz eines textinternen Adressaten, figurale Perspektive, zeitliche Inkongruenz zwischen Diskurs und Geschichte und eine Repräsentation mentaler Prozesse. Autobiographische Texte, die keinen „traumatischen Diskurs" aufweisen, sind tendenziell durch eine narratoriale Perspektive, das Adressieren an textexterne Instanzen, schwächer auskonturierte Figuren, eine chronologische Anordnung von Ereignissen und fehlende Reflexion der Prozesse von Erzählung und Erinnerung gekennzeichnet. Fiktionale und autobiografische Narrative unterscheiden sich in ihrer Funktion. Die Fiktionalität der Figuren ermöglicht Aussagen über Schuld und Täterschaft, die bei gegebener Identität von Autor und Protagonist vermieden werden.

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