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Kontinuitäten und Brüche im Musikleben der Nachkriegszeit Projektteil III: Wissenschaftsgeschichte und Vergangenheitspolitik - Musikwissenschaft in Forschung und Lehre im frühen Nachkriegsdeutschland
Antragsteller
Professor Dr. Thomas Schipperges
Fachliche Zuordnung
Musikwissenschaften
Förderung
Förderung von 2009 bis 2016
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 138279964
In Gesellschaft und Politik, Kultur und Wissenschaft wird die Zäsur 1945 als 'Stunde Null' zunehmend in Frage gestellt. Das Projekt verfolgt personelle wie inhaltliche Kontinuitäten und Brüche innerhalb der Musikwissenschaft der frühen Nachkriegszeit. Erst die flächendeckende und systematische Erfassung von Archivquellen erlaubt den Nachvollzug des Bedingungsrahmens, in dem geforscht und gelehrt wurde. Universitätsinterne Verfahren, persönliche Einschätzungen und thematisch-inhaltliche Ausrichtungen können so nachvollziehbar und objektivierbar gemacht werden. Leitend bleibt die Frage, in welcher Weise sich das Fach seiner NS-Vergangenheit stellte und mit welchen Strategien sich die Fachvertreter gegenseitig neu in Stellung brachten. Jeder Einzelfall steht in direktem Zusammenhang mit dem über ganz Deutschland systematisch, ab 1949 zunehmend getrennt aufgebauten Netzwerk musikwissenschaftlicher Organisationen und Institutionen, deren Einfluss in Form von Gutachten bei Besetzungen letztlich immer wieder von denselben Personen bestimmt wurde.Erfassung, Erschließung und Aufarbeitung von Archivquellen bilden die Kernaufgaben dieses Projektes. Nachdem im ersten Förderabschnitt systematisch und flächendeckend die deutschen Quellen erfasst wurden, soll sich nun das Spektrum geographisch erweitern auf die gesamte deutschsprachige Musikwissenschaft in der Schweiz und in Österreich sowie auf ausgewählte Länder Mittel- und Osteuropas, deren Gebiete entweder bis 1945 zum Deutschen Reich gehörten oder aber um 1945 Wirkungsstätte deutscher Musikwissenschaftler waren bzw. diese beeinflussten. Auch die aus den Archivalien bereits erarbeitete systematische Rekonstruktion und inhaltliche Aufschlüsselung des deutschen Lehrbetriebs der Jahre 1945 bis 1955 soll um die Nachbarländer erweitert werden. Die exemplarische Aufarbeitung der Materialien erfolgt in länderspezifischen Aufsätzen und vier Monographien. Hinzu kommen zwei Bände mit kommentierter Edition der Briefwechsel H. Besselers u. a. mit J. Handschin, R. v. Ficker, F. Blume und A. Schmitz. Ein ergänzender Dokumentenband verfolgt das Ziel, Einblick in unterschiedliche Quellenarten und ihre jeweils spezifische Aussagekraft für bestimmte Themenfelder zu geben. Die Öffentlichkeitsarbeit des Projekts wird ergänzt durch eine Ausstellung mit Katalogbroschüre und durch Gesprächskonzerte mit Werken von Musikwissenschaftlern. Das gesamte erschlossene Quellenmaterial wird nach Ende der zweiten Förderphase in einer Online-Datenbank recherchierbar sein.Über diese Arbeiten hinaus soll es darum gehen, die deutschsprachige Musikwissenschaft als longue durée zu beschreiben, vom 19. bis ins 21. Jahrhundert. In Porträts von Personen, Figurenverbindungen, institutionellen Veränderungen und inhaltlichen Entwicklungen im Fach sowie der Einbindung von Musikwissenschaft in sozialkulturelle Entwicklungen wird ein erstes in umfassenden Maße quellenbasiertes wissenschaftsgeschichtliches Lexikon für das Fach entwickelt.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen