Feuchtigkeitsinduzierte Schädigung von Oxidschichten - Moisture Induced Damage in Oxide Scales (MIDOS)
Final Report Abstract
Im Rahmen des Projekts wurde der Einfluss von Wasserdampf in der Oxidationsatmosphäre auf die mechanische Stabilität von Oxidschichten untersucht. Dafür wurden unter anderem Oxidationsexperimente mit Schallemissionsanalyse, tiefenaufgelöste Wasserstoff-Messungen und 4-Punkt Biegeversuche durchgeführt. Es wurde eine Reihe von Oxiden untersucht, die in Hochtemperaturanwendungen als Schutzschichten angesehen werden, der Fokus wurde letztlich auf Nickeloxid und Titanoxid gesetzt, da sich diese Systeme besonders für die Modelluntersuchungen eignen. Des Weiteren wurde ein Modell weiterentwickelt, um die mechanischen Belastungsgrenzen für verschiedene Oxide als Funktion der physikalischen Defektgröße zu beschreiben. Für Nickeloxid und Titanoxid wurde schließlich eine erste Datenbasis für die Nutzung des Modells erarbeitet. Die Ergebnisse der Schallemissionsmessungen während isothermer Oxidation zeigen keine Aktivität (i.e. keine Rissbildungsvorgänge) bei hohen Temperaturen für Chromoxid und Titanoxid. Bei Nickeloxid ist geringe Schallemission in feuchter Atmosphäre zu beobachten, und bei Eisenoxid ist sowohl in trockener wie auch in feuchter Atmosphäre deutliche Schallemission zu erkennen. Beim Eintauchen in flüssiges Wasser im Anschluss an die Oxidation in trockener synthetischer Luft ist bei allen Oxidarten mit Ausnahme des Nickeloxids ein Anstieg in der Schallemission zu beobachten, was eine Schädigung durch flüssiges Wasser nahe legt. Die Wasserstoff-Messungen an dünnen Oxidschichten haben keine signifikanten Mengen an Wasserstoff in Nickeloxid und Chromoxid aufzeigen können, weder bei feuchter Oxidation noch bei trockener Oxidation. Bei Eisenoxid (TOx=500°C) zeigt sich ein deutlich höherer Wasserstoff-Gehalt bei der in mit 10Vol.% H2O befeuchteter synthetischer Luft oxidierten Probe, aber auch die in trockener synthetischer Luft oxidierte Probe scheint eine leicht erhöhte H-Konzentration an der Oberfläche aufzuweisen. Offenbar werden in Eisenoxid relativ einfach H2O bzw. OH-Gruppen eingebaut. Das Titanoxid zeigt ein unerwartetes Verhalten, denn hier ist offenbar in der in trockener Atmosphäre oxidierten Probe Wasserstoff enthalten, während die befeuchtete Oxidschicht keine Anzeichen von Wasserstoff zeigt. Eventuell könnte die lamellare Mikrostruktur der in trockener Atmosphäre gewachsenen Oxidschicht hierfür verantwortlich sein, und es könnte an diesen „inneren“ Oberflächen eine Adsorption von Wasserdampf aus der Laborluft stattgefunden haben. Der Einfluss von Wasserdampf in der Oxidationsatmosphäre auf die mechanische Stabilität der Oxidschichten wurde anhand von 4-Punkt Biegeversuchen untersucht. Es wurden dazu Flachproben mit einer Vertiefung in befeuchteter bzw. trockener synthetischer Luft oxidiert und anschließend die Oxidschicht auf allen Oberflächen mit Ausnahme der Vertiefung entfernt. Die Vertiefung schwächt die Probe in der Mitte und führt dazu, dass die Probe nur in dem Bereich mit der verbliebenen Oxidschicht gebogen wird. Aus den Schallemissionsdaten der 4-Punkt Biegeversuche wurde die kritische Dehnung für das Eintreten verschiedener Versagensmechanismen (z.B. Durchriss unter Zugbeanspruchung bzw. Ablösung unter Druckbeanspruchung) bestimmt. Anhand von rasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen wurde zudem die physikalische Defektstruktur der Oxidschichten analysiert und mit den Ergebnissen aus den mechanischen 4-Punkt Biegeversuchen verknüpft. Auf diese Weise konnte eine erste Datenbasis für eine vereinfachte Form des „Comprehensive Oxide Scale Failure Model“ erzeugt werden, das die mechanischen Belastungsgrenzen als Funktion der physikalischen Defektgröße darstellt. Die Daten für Nickeloxid und Titanoxid belegen die grundsätzliche Funktion des Modells und zeigen darüber hinaus einige Vorteile dieses Modells auf. So kann bei Nickeloxid ein Verlauf der Messpunkte entlang der berechneten Kurve beobachtet werden, während eine herkömmliche Auftragung keinen deutlichen Trend der Messpunkte erkennen ließe. Für Nickeloxid ist kein Einfluss von Wasserdampf (bis 10Vol.%) in der Oxidationsatmosphäre auf die Stabilität der Oxidschicht zu erkennen. Bei Titanoxid ermöglicht das neue Modell, im Gegensatz zur herkömmlichen Variante, eine Unterscheidung zwischen den in trockener und in befeuchteter Umgebung erzeugten Oxidschichten. Es belegt deutlich einen Einfluss von Wasserdampf auf die Stabilität des Oxids, und zeigt, dass in feuchter Umgebung aufgewachsene Titanoxidschichten eine höhere Dehnungstoleranz bei gleicher Defektgröße aufweisen. Die im Verlauf des Projekts erarbeiteten Erkenntnisse belegen deutlich, dass Wasserdampf in der Oxidationsatmosphäre einen Einfluss auf die mechanische Stabilität von Oxidschichten haben kann. Für Titanoxid wurde eine positive Wirkung in Form einer höheren Dehnungstoleranz beobachtet. Auf die Stabilität von Nickeloxid dagegen scheinen Wasserdampfanteile bis zu 10Vol.% keinen schädigenden Einfluss zu haben. Erste Ergebnisse mit 30 Vol.% H2O in der Oxidationsatmosphäre zeigen für Nickel einen deutlichen Anstieg in der physikalischen Defektgröße nach 50h Oxidation, die sich jedoch noch nicht in einer signifikanten Veränderung der Dehnungstoleranz äußert. Leider war es im beantragten Zeitraum aufgrund der sehr umfangreichen Versuchsmatrix in Kombination mit verschiedenen technischen Problemen nicht möglich, alle geplanten Experimente vollständig abzuarbeiten. Geplant ist, die Details der Wirkungsweise von Wasserdampf bezüglich der mechanischen Stabilität weiter zu ergründen und um die Wissensbasis, ob und in welcher Form ein Einfluss von Wasserdampf auf die verschiedenen Oxidarten vorliegt, zu erweitern. Es sollen daher die mechanischen 4-Punkt-Biegeversuche für noch fehlende Oxidarten fortgesetzt werden. In Kombination mit elektronenmikroskopischen Untersuchungen zur Defektstruktur soll auf diese Weise eine Modellierung der Belastungsgrenzen, wie im vorliegenden Projekt bereits am Beispiel von Nickel- und Titanoxid vorgestellt, ermöglicht werden. Darüber hinaus sollen die Biegeversuche auf hohe Temperaturen erweitert werden, da bisher nur wenige Daten über die mechanischen Belastungsgrenzen von Oxidschichten bei hohen Temperaturen bekannt sind und unter Umständen ein verschieden starker Einfluss des Wasserdampfes im Vergleich zu Raumtemperatur vorliegen kann. Zusätzlich ist die in-situ Untersuchung der Eigenspannungen geplant, um die Entwicklung der Spannungen bei Oxidation in befeuchteter bzw. trockener synthetischer Luft während des Wachstums der Schicht zu analysieren. Die Eigenspannungsmessungen sollen mittels Röntgendiffraktometrie erfolgen. Das im Verlauf des abgeschlossenen Projekts entwickelte Versagensmodell soll mit den neuen Daten zusätzlich verifiziert und wo nötig erweitert werden. So ist zum Beispiel eine Umsetzung des „Comprehensive Oxide Scale Failure Diagram“ denkbar, das in mehreren Ebenen verschiedene Einflussgrößen und deren Einfluss auf die kritische Dehnung berücksichtigt. Zur besseren Nutzbarkeit sollte das Modell in ein Computerprogramm mit graphischer Benutzeroberfläche überführt werden.
Publications
- “Moisture Induced Damage in Oxide Scales” 18. Jahreskolloquium des Karl-Winnacker-Instituts der DECHEMA e.V., 25. Nov. 2010
M. Rudolphi, M. Schütze
- “Moisture Induced Damage in Oxide Scales” 19. Jahreskolloquium des Karl-Winnacker-Instituts der DECHEMA e.V., 09. Dez. 2011
M. Rudolphi, M. Schütze
- “Prediction of Mechanical Scale Failure - Current Status and Perspectives” Materials Science Forum, Vol. 696, pp. 138-143, 2011
M. Schütze, M. Rudolphi