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GRK 1608:  Selbst-Bildungen – Praktiken der Subjektivierung in historischer und interdisziplinärer Perspektive

Fachliche Zuordnung Geschichtswissenschaften
Förderung Förderung von 2010 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 118660364
 
Die Frage nach dem Status und der Handlungsfähigkeit des Subjekts gehört zu den Schlüsselthemen der Gegenwart. Der scheinbaren Übermacht von Marktmechanismen, Apparatetechnik oder Genen stehen Forderungen nach lebenslangem Lernen, Flexibilität und Kreativität sowie neue Formen der Empörung und des Widerstands, der Selbstmodellierung und der Selbstbefreiung durch Ausstieg und Verzicht gegenüber. Was im geisteswissenschaftlichen Diskurs der 1980er Jahre noch wie ein ¿Verschwinden des Subjekts¿ aussah, erweist sich für uns deshalb als eine Radikalisierung und Pluralisierung der Frage nach der Subjektivität des Subjekts. Es geht nicht länger um das souveräne Subjekt, sondern um die Genese (in sich) gebrochener Subjektivitäten in disparaten historischen Kontexten. Deshalb nehmen wir über begriffliche Erörterungen hinaus auch das Werden des Subjekts in (alltäglichen) sozialen Praktiken in den Blick. Als eine analytische Kategorie macht ¿Subjektivierung¿ dabei Phänomene der Selbst-Bildung über historische Epochenschwellen hinweg beobachtbar. Mit der Praxisorientierung wird die Subjektanalyse interdisziplinär: Sie bezieht die materiellen Anordnungen, Diskurse und Techniken ein, in und mit denen Subjekte sich bilden. In der ersten Antragsphase galt das Interesse dem ¿Hineinwachsen¿ von Menschen in typisierte Subjektformen und deren Wandelbarkeit. Unsere empirische Forschung hat gezeigt, dass es sich um widersprüchliche Prozesse handelt, die Aushandlung, Reflexion und Kritik herausfordern. Damit tritt ein Desiderat gegenwärtiger Praxistheorie in den Blick: Sie weicht der Frage aus, wie Befähigungen zu Orientierung und (kritischer) Reflexion, die traditionell mit Subjektivität bezeichnet werden, in Praktiken erworben werden. Ihre Beantwortung aber ist unverzichtbar, um zusammen mit sozialer Reproduktion auch Veränderung, Innovation und Überschreitung verstehen zu können. In der zweiten Antragsphase fokussieren wir deshalb die Gleichzeitigkeit des Sich-Ausformens sozialer Ordnungen und ihrer Subjekte in kontingenten Praxisgegenwarten. Über die Verzahnung von drei Forschungsschwerpunkten (Ausbildung von Dispositionen; Aktualisierung von Aktionspotenzialen; Transformation, Kritik und Ausstieg) werden detailliert die Genese und das In-Erscheinung-Treten der (reflexiven) Leistungen thematisierbar, in denen Individuen sich als Subjekte zeigen. Programmatischer Fluchtpunkt dieses Programms ist eine interdisziplinäre Praxeologie der Subjektivierung.
DFG-Verfahren Graduiertenkollegs
Antragstellende Institution Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
 
 

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