Sozialisation im Social Web: Längsschnittstudie zur Wirkung des Web 2.0 auf den Stellenwert von Privatsphäre und die Bereitschaft zur Preisgabe intimer Informationen
Final Report Abstract
In einer Längsschnittstudie mit vier Messzeitpunkten untersuchte das DFG-Projekt „Sozialisation im Social Web“ über einen Erhebungszeitraum von 18 Monaten die Wirkungen der Nutzung von Social Network Sites. Im Zentrum der Studie stand die Frage nach dem Umgang mit privaten Daten im Social Web. Die in der Studie erhobenen Längsschnittdaten belegen, dass zwischen der Bereitschaft zur Selbstoffenbarung und der Nutzung des Social Webs eine komplexe Wechselwirkung besteht. So zeigte sich in den Daten zum einen ein Selektionseffekt: Personen mit stärker ausgeprägter Disposition zur Selbstoffenbarung neigten im Längsschnitt zu einer stärkeren Nutzung von Social Network Sites. Darüber hinaus liefern die Daten auch Hinweise auf einen Sozialisationseffekt, der von der Nutzung sozialer Netzwerkplattformen ausgeht: So führte die Nutzung von Social Network Sites im Zeitverlauf zu einer gesteigerten Bereitschaft, private Informationen im Internet preiszugeben. Die Studie identifiziert soziale Gratifikationen als zentralen Wirk- und Belohnungsmechanismus des Social Webs. So traten die gefundenen Selektions- und Sozialisationseffekte nur bei Nutzerinnen und Nutzern auf, die durch Ihre Social Web-Nutzung in Form von einem Aufbau von sozialen Ressourcen profitierten. Des Weiteren verdeutlicht die Studie, dass sich eine spezifische Medienkompetenz für das Social Web noch in der Entwicklung befindet. So gibt die Mehrheit der Befragten an, bisher wenig negative Erfahrungen im Social Web gemacht zu haben. Entsprechend moderat fällt im Durchschnitt die Risikoeinschätzung in Bezug auf die Nutzung aus. Insgesamt zeigen negative Erfahrungen dabei aber durchaus einen längsschnittlichen Einfluss auf das Nutzungsverhalten und gehen mit einem konservativeren Umgang mit privaten Daten einher. Abschließend verdeutlicht die Studie auch das positive Wirkungspotential des Social Web. So zeigen die Daten einen signifikanten längsschnittlichen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Social Network Sites und dem Aufbau von Sozialkapital. Online generierte soziale Verbindungen stehen dabei in positivem Zusammenhang mit der allgemein verfügbaren sozialen Unterstützung und dem psychologischen Wohlbefinden der Befragten. Das Forschungsprojekt zeichnet ein überaus facettenreiches Bild der Chancen und Risiken der Nutzung des Social Web. Die Ergebnisse sind von zentraler gesellschaftlicher Relevanz und legen einen öffentlichen Diskurs über den ethischen Umgang mit privaten Daten in der Informationsgesellschaft nahe. Die Befunde unterstreichen darüber hinaus die Wichtigkeit des Erwerbs einer spezifischen Medienkompetenz für das Social Web, um deren Förderung sich das Projektteam im Rahmen einer Reihe von Informationsveranstaltungen und in Kooperation mit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdenden Medien (BPjM) bemüht. Deutschlandradio Kultur, „Schöne neue Datenwelt“. Radiointerview vom 21.05.2011 mit Prof. Dr. Sabine Trepte, abrufbar unter http://breitband.dradio.de/schone-neuedatenwelt/ Frankfurter Allgemeine Zeitung, „Sag mir, wo du stehst und wohin du gehst“. Artikel vom 20.03.2010 mit O-Tönen von Prof. Dr. Sabine Trepte, online abrufbar unter: http://www.faz.net/artikel/C31013/soziale-netzwerke-sag-mir-wo-du-stehst-und-wohin-du-gehst-30084708.html
Publications
- (2009). Privatsphäre im Social Web: Wirkung des Web 2.0 auf den Stellenwert von Privatsphäre und die Bereitschaft zur Preisgabe intimer Informationen. Eine Forschungsagenda. Jahrestagung der DGPuK- Fachgruppe Kommunikations- und Medienethik, 12.02. – 13.02.2009, München
Trepte, S. & Reinecke, L.
- (2009). Sozialisation im Social Web: Eine Forschungsagenda zu den Wirkungen des Web 2.0. Zeitschrift für Kommunikationsökologie und Medienethik, 11(1), 33-37
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- (2009). Was sind Facebook, Twitter und Co.? Hamburger Nacht des Wissens, 7. November 2009, Hamburg
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- (2010). Wie wirkt das Social Web? Eine Längsschnittstudie zu Effekten der Selbstoffenbarung im Internet auf die empfundene soziale Unterstützung, das Bedürfnis nach Privatsphäre und das Wohlbefinden. 47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, 26.09. – 30.09.2010, Bremen
Trepte, S. & Reinecke, L.
- 20.03.2010, Frankfurter Allgemeine Zeitung. „Sag mir, wo du stehst und wohin du gehst“
Sabine Trepte
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- (2011). Self-Disclosure online: How social network sites socialize their users towards more openness by offering social rewards. General Online Research (GOR) Conference 2011, 14.03. – 16.03.2011, Düsseldorf, Germany
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- (2011). Social network site use and self-disclosure online: A model of reciprocal influence. Conference of the International Communication Association (ICA), 27.05. – 29.05.2011, Boston, USA
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- 02.04.2011, Deutschlandradio Kultur. „Psychologie in Zeiten der Post-Privacy“
Leonard Reinecke
- 21.05.2011, Deutschlandradio Kultur. „Schöne neue Datenwelt“
Sabine Trepte