Ein Großteil der Zellen im erwachsenen Körper zeigt eine nur sehr geringe Wachstumsrate, die durch die Zellumgebung, aber auch durch biochemische Signalwege in der Zelle selbst streng reguliert wird. Im Embryo hingegen teilen sich Zellen sehr schnell, und die Differenzierung in unterschiedliche Gewebszellen ermöglicht letztendlich das Entstehen eines funktionierenden Organismus. Diese Entwicklung und Differenzierung wird durch Signalwege gesteuert, die in der embryonalen Zelle aktiv sind, im erwachsenen Gewebe jedoch inaktiviert werden. Tumorzellen wiederum zeichnen sich durch unkontrolliertes Wachstum aus, das oft durch die Reaktivierung embryonale Signalwege bedingt ist. So ist in vielen Leber- und Darmtumoren der wnt Signalweg aktiv, was ein rasche Tumorwachstum, Einwachsen in gesundes Gewebe und die Bildung von Metastasen bewirkt. Ziel diese Projektes war es nun, Proteinkomponenten des wnt Signalweges zu identifizieren, deren gezielte Ausschaltung einen möglichst spezifischen Effekt auf die Tumoraktivität hat ohne dabei gesundes Gewebe negativ zu beeinflussen. Dazu wurde die RNAi Interferenz Technologie genützt. RNAi ist ein natürlicher Regulationsmechanismus, mit dem Zellen hochspezifisch Boten-RNA (mRNA), dem Vermittler zwischen der genetischen Information und dem Protein, abbauen können. Synthetisch hergestellte Oligonukleotide in Form von siRNA können nun ebenfalls gezielt mRNA abbauen, wenn sie durch geeignete Transfervehikel in Zellen gebracht werden. Hier wurde ein Konjugat eingesetzt, das siRNA in kleine, virusähnliche Partikel verpackt und diese zielgerichtet in Tumorzellen transferiert, die an ihrer Oberfläche eine hohe Konzentration des Epidermalen Wachstumsfaktor Rezeptor (EGFR) tragen. Eine erhöhte EGFR Expression ist in vielen Tumoren, wie im Kolon- und Leberkarzinom zu finden. Um ein effizientes Screening in Zellkulturen zu ermöglichen, wurden in die Zellen das Luciferase Gen so eingebracht, dass dessen funktionelles Protein nur bei erhöhter wnt Aktivität in der Zelle produziert wird. Das ermöglichte es, die siRNA vermittelte Ausschaltung der Komponenten über die Luciferaseaktivität (Emission von Lichtquanten) zu messen. In Zellkulturexperimenten zeigte sich, dass die Ausschaltung von beta-Catenin und PARI wnt Aktivität, Zellwachstum und Invasivität spezifisch nur in wnt-deregulierten Zellen hemmte. Anhand dieses Screens wurden diese Targets für weitere in vivo Studien ausgewählt. Dabei wurde Mäusen, die in der Leber Metastasen humaner Darmtumore trugen, verpackte siRNA intravenös injiziert. Sowohl die Behandlung mit siRNA gegen beta-Catenin als auch PARI bewirkte eine spezifische Verringerung der entsprechenden mRNAs. Eine therapeutische Studie mit PARI siRNA zeigte auch eine signifikant verringerte Tumorlast, wobei die Behandlung keinerlei negative Nebenwirkungen in der Maus zeigte. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen deutlich, dass durch tumorspezifische Intervention des wnt Signalwegs mit geeigneten Methoden in Zukunft eine potentielle neue Behandlungsmöglichkeit für ansonsten mit etablierten Therapien unbehandelbaren Lebermetastasen darstellen kann.