Das neuronale Signalprotein Reelin reguliert die Positionierung und Differenzierung postmitotischer Neurone während der Neuronalentwicklung und moduliert im adulten Gehirn die synaptische Plastizität. Die meisten der physiologischen Funktionen von Reelin werden durch die Interaktion mit ApoER2 und VLDL-Rezeptor, zwei eng verwandten Mitgliedern der LDL-Rezeptorfamilie, vermittelt. Dabei kommt es über die Tyrosinphosphorylierung des intrazellulären Adapterproteins Disabled-1 (Dab1) zur Aktivierung intrazellulärer Signalkaskaden, die letztlich zur Modulation des neuronalen Zytoskeletts führen. Im Rahmen des beantragten Projektes konnten wir nachweisen, dass mehrere der Funktionen von Reelin in Neuronen durch die Aktivierung der Rho-GTPase Cdc42 vermittelt werden. Hierzu zählen das axonale Filopodienwachstum, das die Dynamik des neuronalen Aktinskeletts widerspiegelt, die Dynamik des neuronalen Wachstumskegels sowie der neuronale Vesikeltransport, der zur neuronalen Polarisierung und Dendritenbildung beiträgt. Wir konnten die beteiligten Signalwege aufklären und zeigen, dass die Cdc42-Aktivierung vorwiegend über ApoER2, sowie Dab1 und Aktivierung der PI3-Kinase erfolgt. Weiterführende Untersuchungen konnten das GEF-Protein Dock9 als Cdc42-Aktivator identifizieren, der nur einen Teil der Cdc42-abhängigen Funktionen von Reelin vermittelt, was eine Spezifität der Cdc42- Aktivierung durch Reelin nahelegt. Zukünftige Arbeiten werden auf die Identifikation weiterer Cdc42-Aktivatoren sowie ihre spezifische Rolle für unterschiedliche Aspekte der pleiotropen Funktionen von Reelin fokussieren, In einem weiteren Teil des Projekts konnten wir Ephrinrezeptoren der EphB-Subklasse als niedrigaffine Reelin-Rezeptoren identifzieren. Das aminoterminale Reelin-Fragment interagiert direkt mit der EphB-Ektodomäne und kann dadurch die Rezeptortyrosinkinase- Aktivität des EphB-Proteins aktivieren. In vivo Daten legen nahe, dass diese Interaktion wichtig für die Ausbildung einer Subregion des Hippokampus ist. Weitere Studien zielen darauf ab, die Funktionen der Reelin-EphB-Interaktion bei der Regulation der synaptischen Plastizität zu analysieren. Außerdem legt die Abwesenheit wesentlicher Komponenten der ‚klassischen‘ Reelin-Signalkaskade (insbesondere von Dab1) eine physiologische Funktion für alternative Reelin-Signalwege außerhalb des zentralen Nervensystems nahe, wo Reelin in nennenswerten Mengen exprimiert wird, ohne dass die physiologischen Funktionen des ‚peripheren‘ Reelinpools auch nur ansatzweise geklärt sind.