Das übergeordnete Ziel des geförderten Projektes war es, Mechanismen der neuronalen Polarität zu untersuchen. Die Arbeiten wurden an Mäusen mit einer kleinhirnspezifischen AnkyrinG-Defizienz durchgeführt. AnkyrinG sorgt im ersten Axonabschnitt (Axoninitialsegment) für die Verankerung zahlreicher Membranproteine. Die hohe Dichte dieser Membranproteine soll zu einer Diffusionsbarriere führen, die an der Aurechterhaltung der axo-dendritischen Polarität beteiligt ist. Die Bedeutung der AnkG-vermittelten Diffusionsbarriere für die neuronale Polarität ist bisher nicht in vivo untersucht worden. In unseren Vorbefunden zeigte eine Subpopulation von Purkinjezellaxonen in AnkyrinG-defizienten Tiere kleine zytoplasmatische Ausstülpungen, die starke Ähnlichkeiten mit dendritischen Dornen haben. Diese veränderten Axone wurden als „Axodendriten“ bezeichnet. Stichpunktartig lassen sich unsere Beobachtungen wie folgt zusammenfassen: 1) Eine Subpopulation von AnkyrinG-defizienten Axonen entwickelt morphologische Merkmale, die unter normalen Umständen nur in Dendriten vorkommen. 2) Die wichtigste morphologische Veränderung besteht hierbei aus Membranausstülpungen, die große Ähnlichkeit mit dendritischen Dornen aufweisen. Außerdem zeigen die AnkyrinG-defiziente Axone einen größeren Diameter; was ebenfalls an den dendritischen Phänotyp erinnert. 3) In den aberranten Dornen der AnkyrinG-defizienten Axone reichern sich Moleküle an, die unter normalen Umständen nur in postsynaptischen Anteilen von Dendriten vorkommen. 4) Die aberranten Dornen der AnkyrinG-defizienten Axone werden von glutamatergen Synapsen kontaktiert. Auch dieses Merkmal ist unter normalen Umständen typisch für das dendritische Kompartiment. 5) Auch auf der ultrastrukturellen Ebene gibt es deutliche Hinweise auf eine „Dendritisierung“ der AnkyrinG-defizienten Axone: (I) Die Dornen der Axodendriten weisen eine postsynaptische Dichte auf. (II) Die Dornen werden von Terminalien kontaktiert, die ultrastrukturelle Merkmale von glutamatergen Boutons aufweisen. (III) Das AIS-typische „dense undercoating“ sowie andere Merkmale des AIS (gebündelte Mikrotubuli) sind nicht mehr vorhanden. 6) Der Mangel an AnkyrinG wirkt sich auch auf die molekulare Organisation von Schnürringen aus. Dies gilt sowohl für die zentrale nodale Zone, als auch für die flankierende paranodale Zone. 7) Time-lapse imaging Daten an Schnittkulturen zeigen, dass Axodendriten sich in einem erstaunlich kleinen Zeitrahmen (DIV-DIV) entwickeln können. 8) Funktionelle Untersuchungen zeigen, dass der Mangel an AnkyrinG zu einer deutlichen Beeinträchtigung in der Auslösbarkeit von Aktionspotenzialen führt. Mit Hilfe des DFG-geförderten Projektes konnten wir also eindeutige Belege für die große funktionelle Bedeutung von AnkyrinG für die Aufrechterhaltung der axo-dendritischen Polarität sammeln.