Das Erinnern vormaliger Ereignisse wird durch kognitive Kontrollprozesse gesteuert, die gewährleisten, dass abgerufene Erinnerungen mit den aktuellen Aufgabenzielen übereinstimmen. Abruforientierungen sind intentional und strategisch einsetzbare Kontrollprozesse, die es ermöglichen, ganz gezielt einzelne Gedächtnisinhalte zu erinnern und andere auszublenden. Wir untersuchten in einer Serie gedächtnispsychologischer Experimente die elektrophysiologischen Korrelate einer besonderen Form von Abruforientierungen, nämliche solchen, die notwendig sind, um Erinnerungen an selbstgenerierte Ereignisse (z.B. habe ich einen Witz selbst erzählt?) und wahrgenommene Ereignisse (z.B. den Witz hat ein Freund erzählt) zu unterscheiden. Es zeigte sich ein deutlich positiverer Potentialverlauf in langsamen Potentialen des ereigniskorrelierten Potentials (EKP) über mehrere 100 ms, wenn Probanden versuchten, selbstgenerierte Ereignisse (z.B. ein mentales Image oder ein vom Probanden selbst ergänztes Wort) zu erinnern, gegenüber Bedingungen, in der das Erinnern wahrgenommener Ereignisse (z.B. ein gesehenes Bild oder Wort) erforderlich war. Dieses EKP-Korrelate der Abruforientierung für selbstgenerierte Ereignisse war über fronto-zentralen Ableiteorten am stärksten ausgeprägt. Ferner gelang es in diesen Studien weitere EKP-Korrelate der kognitiven Kontrolle beim Erinnern vormals gelernter Episoden zu identifizieren. In einem zweiten Arbeitsschwerpunkt untersuchten wir gedächtnispsychologische Determinanten des heuristikbasierten Entscheidens. In Übereinstimmung mit Modellen der Rekognitionsheuristik, die postulieren, dass bei Entscheidungen hinsichtlich eines unbekannten Kriteriums (z.B. Einwohnerzahl einer Stadt) eine vertraute Alternative (Mailand) gegenüber einer unvertrauten Alternative (Modena) bevorzugt wird, legten wir dar, dass sich für vertraute Städte ein EKP-Korrelat des vertrautheitsbasierten Erinnern findet. Ferner konnten wir zeigen, dass sich mit diesem EKP-Effekt vorhersagen lässt, welche Entscheidung ein Proband bei der jeweiligen Frage trifft. Es gelang uns, diese Ergebnisse in einer der wichtigsten psychologischen Fachzeitschriften (Psychological Science) zu publizieren. Ferner stießen diese Befunde, die exemplarisch zeigen, wie grundlagenwissenschaftliche Einsichten in die neurokognitiven Mechanismen des Erinnerns auch andere psychologische Forschungsgebiete (wie die Entscheidungsforschung) bereichern können, auf ein großes mediales Echo (z.B. Artikel in der „Die Zeit“, Fernsehberichte in „W wie Wissen“, SWR, oder Quarks & Co, ARTE).