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Verfassungsevolution im Mehrebenensystem der Europäischen Union

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2007 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 71247320
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der Gegenstand des vorliegenden Projekts war die Untersuchung der Verfassungsevolution in der EU. Im Zentrum des Interesses standen die folgenden Fragen: Was waren die Motive für die Vertragsänderungen? Welche Akteure können ihre Änderungsziele und mit Hilfe welcher Ressourcen in welchem Umfang durchsetzen? Wie können Erfolg oder Scheitern von angestrebten Vertragsänderungen und einzelner Mitgliedstaaten (bzw. deren Regierungen) erklärt werden? Warum entstand stets neuer Reformbedarf? Die Projektergebnisse lassen sich so zusammenfassen: 1) Als grundlegendes Motiv für die mitgliedstaatlichen Regierungen, Vertragsänderungen anzustreben, kann die Unzufriedenheit mit den bestehenden Regeln hinsichtlich einer Reihe von Problemdimensionen verantwortlich gemacht werden: die Spannung zwischen europäischer Integration und nationaler Diversität, die Legitimität der europäischen Institutionen und die Effizienz ihrer Arbeit. Die Analyse der Verhandlungsdokumente hat gezeigt, dass es diese Dimensionen sind, die als normative Begründungen für Änderungsforderungen präsentiert werden. Am häufigsten werden Legitimationsargumente verwendet, gefolgt von Effizienz-, und Integrationsargumenten. Kleinere Staaten verwenden mehr Argumente als große. 2) Für fünf Regierungskonferenzen wurde untersucht welche Mitgliedsstaaten aufgrund welcher Machtressourcen die jeweiligen Verhandlungsergebnisse beeinflussen konnten. Vier klassische Machtressourcen wurden einbezogen: das (gleiche) Stimmgewicht, die Größe des Mitgliedstaats, die Höhe der Ratifikationshürden und die Abhängigkeit eines Mitglieds von der EU. Die Annahme, die Regierungen seien qua Stimmgewicht gleich mächtig scheint unzutreffend. Die anderen Erklärungsfaktoren variieren jedoch über die verschiedenen Verträge hinsichtlich ihrer prognostischen Kraft. Für den Vertrag von Amsterdam wurden die Argumente als eine weitere Machtressource geprüft. Hier zeigte sich ein klarer positiver Einfluss des Gebrauchs von Argumenten auf den Verhandlungserfolg der Mitgliedstaaten. 3) Erfolg und Scheitern einzelner Änderungsvorhaben lassen sich mit den wahrgenommenen Problemen erklären. Je mehr Problemdimensionen durch eine Vertragsbestimmung angesprochen sind, desto konfliktbehafteter ist sie. Die diachrone Analyse der wesentlichen institutionellen Vertragsänderungen über alle Verträge hinweg hat gezeigt, dass Vertragsänderungen umso schwerer zu erreichen sind, je konfliktbehafteter ein Gegenstand und je fundamentaler eine vorgeschlagene Änderung ist. 4) Die Analyse hat auch gezeigt, dass neuer Reformbedarf offenbar oft entstand, weil die vorhergehende Problemlösung als nicht ausreichend empfunden wurde. Institutionelle Vertragsänderungen blieben oft nicht stabil. Je konfliktbehafteter eine Regelung war, umso eher wurde sie bei der nächsten Regierungskonferenz neu verhandelt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2011): The Dynamics of Treaty Change. European Integration Online Papers, Vol. 15 (2011), Article 5
    Jan Biesenbender
  • (2012): ‘Because we are all Europeans!’ When do EU Member States use normative arguments? Journal of European Public Policy
    Janine Reinhard
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1080/13501763.2012.662072)
 
 

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