1. Architekten und Landschaftsarchitekten üben ihren Beruf in einer intuitiv wahrgenommenen, einer kritisch-wissenschaftlichen Reflexion oftmals entzogenen Grauzone rational nicht begründbarer Entwurfs-Entscheidungen aus. Ihre Überlegungen zu Gestaltabsichten von Erlebnislandschaften ebenso wie Aussagen von Besuchern zu deren Rezeption geben einen vertieften Einblick in das Verhältnis von entwerferischem Vorgriff und tatsächlicher Wirkung. Dies lässt sich besonders eindringlich an Phänomenen des Erlebens zeigen. Gerade die Bauaufgabe „Erlebnislandschaft“ fordert die Entwerfer und Gestalter heraus, sich unmittelbar Fragen des Erlebens und Wirkens zu stellen. Dabei kommen sie zur Überzeugung, dass das Erleben von Architektur jede Bauaufgabe intensiv tangiert und grundsätzlich im Selbstverständnis architektonischer Berufe verankert sein sollte. Bei ihrer Einschätzung dessen, was es mit der Wirkung von gestalteten Räumen auf sich hat, können sie jedoch nicht auf ein verbindliches professionelles und disziplinäres Wissen zurückgreifen, sondern müssen mehr oder weniger dilettantisch auf eigene Einsichten vertrauen, auch um eine Verantwortung für ihr Tun abzuschätzen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der biographische Rückgriff auf Erfahrungen, Beobachtungen und Entdeckungen des Erlebens, die motivationsbildend wirken, Defizite ausgleichen sollen und schließlich stark gemacht werden gegenüber allen professionellen kritischen Haltungen, die die touristisch vermarktete Erlebnis- und Konsumlandschaften betreffen. 2. Architekten und Landschaftsarchitekten werden von der ihnen zugewandten Kritik damit konfrontiert, dass es ihren Gestaltungen an „Atmosphärischem“ bzw. „Stimmungsmäßigem“ mangele. Die einschlägige Kritik stellt darüber hinaus fest, dass dieses Manko auf eine Nichtberücksichtigung von eigentlich wünschenswerten Eigenschaften eines Architekturwerks zurückzuführen sei, die die emotionale Aussagekraft oder Stummheit von Bauwerken verursachen können. Auf diese Logik des Bewirkens folgt wie selbstverständlich die Auffassung, Atmosphären ließen sich erzeugen. Aus der Perspektive des Entwerfens bzw. des Entwerfers scheint diese Ableitung zunächst fraglos. Wenn allerdings, wofür unseren Erkenntnissen nach vieles spricht, eine Atmosphäre dem „Zufallen“ eines räumlichen Erlebnisses entspricht, muss diese Logik verworfen werden. Unsere architekturtheoretische Forschungsarbeit begründet ihr gewonnenes Verständnis des Erlebens sowohl aus der Einsicht von Gestaltern, die im Entwerfen auf etwas zurückgreifen, was ihnen als Personen in ihrem Leben zugewachsen ist, als auch aus der Sichtweise von Besuchern solcher Erlebnislandschaften, denen räumliche Anmutungen nicht voraussetzungslos widerfahren. 3. In der Architektur, so ein weiteres Ergebnis, muss der Raumbegriff differenziert werden. Es muss der Primat der Lebenswelt gelten, so dass sich eine Unterscheidung zwischen erleben und wahrnehmen als sinnvoll herausstellt, der verschiedene Weisen des Im-Raum-seins mit ihren Raumbegriffen zugeordnet werden können: der Orientierungs- und der gestimmte Raum. Diese Differenzierung entspricht den Erlebnisberichten der Besucher von Vergnügungslandschaften, die einmal in ihrer Aufmerksamkeit ganz auf die orientierende Wahrnehmung von architektonisch und landschaftlichen Details gerichtet sind, zum anderen aber auch davon erzählen, wie sie in den Raum des Landschaftlichen plötzlich „abtauchen“ und sich darin „treiben lassen“. Unsere Forschung konnte an beispielhermeneutisch interpretierten Fällen aufzeigen, dass das dauerhafte Im-Raum-sein des Menschen sich auch in einem erlebnis- und stimmungsmäßigen Betroffensein von Landschaftlichem „auslassen“ kann. 4. Neben die Erweiterung des architekturtheoretischen Vokabulars tritt als Ertrag der Forschung die erstmals möglich gewordene Fassung des Phänomens der „Atmosphäre“. Das in der Architekturkritik oft benutzte Wort Atmosphäre muss als unpassender Platzhalter für nur diffus begriffene Gefühle, die wir einem Bauwerk entgegenbringen sollen, eingeschätzt und verworfen werden. Stattdessen werden wir mit Erinnerungen an das völlige leibliche „Aufgehen“ in eine Umgebung konfrontiert. Unsere Forschung konnte in diesen Bereich des Erzählens von Atmosphärischem eindringen und zeigen, welche lebensgeschichtlichen und situativen Voraussetzungen jeweils gegeben waren, in den Raum des Landschaftlichen abzutauchen, also von Atmosphärischem betroffen zu werden. Damit erscheint uns empirisch belegt, dass „Atmosphären“ sich im architektonischen Entwurf nicht erzeugen lassen. Der Architekt kann nicht im Entwurf vorwegnehmen, ob und wie Menschen in einen gestimmten Raum, dessen Reichweite sich nicht an harten architektonischen Grenzen bemisst, leibhaft von Atmosphären ergriffen werden.