Die Persistenz der Regulierung ist eindeutig das Resultat der sehr erfolgreichen Interessenpolitik der Akteure der öffentlichen Elektrizitätswirtschaft. Ihre Motive waren dabei vorrangig monetärer Natur. Für die kommunalen Protagonisten ging es insbesondere um die Sicherstellung und Steigerung ihrer fiskalischen Einnahmen; für die Akteure der Unternehmen aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht um Gewinnsteigerung und den Erhalt der monopolistischen Versorgungsstruktur bzw. der oligopolistischen nationalen Marktaufteilung. Als Rechtfertigung für den Ausnahmestatus der Branche wurde (und wird) auf die charakteristischen Eigenheiten des Produktes Strom hingewiesen. Unmittelbar oder mittelbar mit der Stromwirtschaft verbundene Faktoren, wie Steinkohlensicherung und Atomenergie, spielten den Beharrungskräften dabei in die Hände, da sie zusätzliche Argumente für den Erhalt der Regulierung und ihre Legitimität lieferten. Die strukturellen Merkmale, die die Nachkriegszeit kennzeichnen, sind eher als Erbe der Zwischenkriegszeit organisch mitgewachsen als tatsächlich eine Folge der technischen Besonderheiten. Die Wirklichkeit der regulierten Elektrizitätswirtschaft ist insofern historisch konstruiert. Insofern muss die Bedeutung des Kartellrechts von 1957 für den Bereich der Elektrizitätsversorgung relativiert werden. Trotz aller Reformierungsversuche blieb man bei den Organisationsstrukturen der Vorkriegszeit. Am meisten überraschte dabei die Haltung von Erhard. Zwar glaubt man ihm seine Bekenntnisse zu Wettbewerb auch im Hinblick auf die Versorgungswirtschaft, die er zu Beginn der 1950er Jahre machte. Aber schon wenig später hatte sich seine Haltung gewandelt und er sicherte der Elektrizitätswirtschaft einen Ausnahmestatus im GWB zu. Die Idee von der wettbewerbsunfähigen Branche verfestigte sich damit im Laufe der Zeit zu einer dogmatischen Wahrheit. Das ist in den existierenden Forschungsarbeiten bisher noch nie derart deutlich formuliert worden. Auch aktuelle Untersuchungen zur Wirkung und Bedeutung des Kartellrechtes tun sich schwer damit zuzugeben, dass unsere freie, soziale Marktwirtschaft nicht wirklich „frei“, sondern der Wettbewerb in wesentlichen Wirtschaftsbereichen vielmehr stark eingeschränkt war. Dabei sind ökonomische Ineffizienzen beobachtbar, die insbesondere zu Lasten der Sonderabnehmer gingen.