Die marine Planktongemeinschaft ist stark größenstrukturiert. Dies beeinflusst die Nahrungsnetzstruktur und den Energiefluss im marinen Nahrungsnetz. Die unterschiedlichen Nahrungsspektren der beiden dominanten Zooplanktongruppen, Ciliaten (Mikrozooplankton) und Copepoden (Mesozooplankton), führen zu getrennten Nahrungsketten: eine über das kleine Nanophytoplankton (PS) und die Ciliaten (C) zu den Copepoden (TC), die andere über das größere Mikrophytoplankton (PL) direkt zu den Copepoden. Das zentrale Nahrungsnetzmodul der marinen Planktongemeinschaft („Pentagon-Modul“) besteht somit aus zwei Nahrungsketten unterschiedlicher Länge, die ihren gemeinsamen Ursprung in einer für beide Phytoplanktongruppen limitierenden Resource (z.B. Stickstoff) haben und über die Copepoden auch an ihrer Spitze rückverbunden sind. Die Struktur des Pentagon-Moduls führt dazu, dass sich zum Beispiel erhöhter Fraßdruck durch Copepoden gegensätzlich auf die beiden Phytoplanktongruppen auswirkt. In diesem Projekt wurde die Dynamik des Pentagon-Moduls in Abhängigkeit von bottomup (Gesamtnährstoffgehalt) und top-down (Copepodenmortalität) Einflüssen theoretisch untersucht. Besonderer Fokus lag auf dem Einfluss unterschiedlicher Nahrungsaufnahmestrategien und des Lebenszyklus der Copepoden auf die Dynamik des Nahrungsnetzes. Darüber hinaus wurde allgemein der Zusammenhang zwischen topologischen Nahrungsnetzeigenschaften, d.h. dem Vorhandensein alternativer Nahrungsketten, und der Dynamik von Nahrungsnetzen in Reaktion auf bottom-up und topdown Einflüsse untersucht. Wichtige Erkenntnisse aus dieser Studie sind, dass die bottom-up und top-down Reaktionsmuster eines Nahrungsnetzes lediglich von zwei, leicht zu bestimmenden, strukturellen Eigenschaften festgelegt sind: i) Länge der beiden Ketten, d.h. ob die Ketten gerader oder ungerader Länge sind und ii) ob die Ketten an ihrer Spitze durch einen gemeinsamen Konsumenten rückverbunden sind oder nicht. Dies ermöglicht eine Klassifizierung von Nahrungsnetzen anhand ihrer Hauptenergiepfade und grundsätzliche Aussagen über zu erwartende Reaktionsmuster von Lebensgemeinschaften. Unterschiedliche Annahmen zum Nahrungswahlverhalten von Copepoden (funktionelle Reaktion Typ II oder III) kommen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen bezüglich der Stabilität, aber auch der möglichen Reaktionsmuster des Pentagon-Moduls. Die Ergebnisse betonen die Wichtigkeit einer eindeutigen Bestimmung der qualitative Form der funktionellen Reaktion (Typ I, II oder III) und, wo dies nicht möglich ist, die Notwendigkeit alternative Annahmen zur funktionellen Reaktion in theoretische Untersuchungen mit einzubeziehen. Die Studie zur Stadienstruktur der Copepoden zeigte, dass Unterschiede im Nahrungsspektrum zwischen juvenilem und adultem Stadium ein starkes Potential haben die Koexistenz zwischen Beuteorganismen zu fördern. Dabei führen Feedbacks zwischen der Populationsstruktur des Konsumenten und der Gemeinschaft zur Stabilisierung einer Abundanzverteilung, die Koexistenz befördert. Ferner konnte gezeigt werden, dass Vorhersagen klassischer Modelle, die alle Individuen einer Population als identisch annehmen, nur von begrenzter Aussagekraft sind, wenn Unterschiede im Nahrungswahlverhalten zwischen unterschiedlichen Entwicklungsstadien einer Population vorliegen.