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Eugenics and Restorative Justice. The politics of reparations for involuntary sterilizations in Germany, the Czech Republic and Norway

Subject Area Political Science
Term from 2008 to 2011
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 58856921
 
Final Report Year 2011

Final Report Abstract

Das Projekt befasste sich mit den Prozessen der Aufarbeitung von und Entschädigung für historische Programme der unfreiwilligen Sterilisation in Tschechien, Norwegen und der Bundesrepublik Deutschland. Im Zentrum stand die Frage, inwieweit ein gesellschaftlicher Reflexionsprozess über die politischen, institutionellen und kulturellen Möglichkeitsbedingungen der Sterilisationspolitiken stattgefunden hat und unter welchen Bedingungen sich demokratische Gesellschaften von den Implikationen des den Politiken der unfreiwilligen Sterilisation unterliegenden modernistischen, biopolitischen Rationalitätsverständnisses kritisch distanzieren und welche zivilgesellschaftlichen und politischen Dynamiken eine solche Auseinandersetzung befördern oder behindern. Untersucht wurden Prozesse des Framings und der Problematisierung sowie deren Effekte auf die Entwicklung der Auseinandersetzung, die Interpretation von Unrecht, die Kategorisierung der Opfer und die Suche nach und Entwicklung von Reparationsregelungen. Ein wesentliches Ergebnis der Analyse und des Vergleichs der drei Fälle ist, dass die Interpretation des Unrechts und die Identifikation der Opfer, d.h. die Objekte der Policy Debatten um historische Gerechtigkeit keine objektiven und stringenten Fakten darstellen sondern vielmehr Objekte und Resultate von konfliktreichen Deutungskämpfen sind. In den hier untersuchten Fällen waren insbesondere zwei Frames dominant: zum einen der Frame "Diskriminierung von Gruppen" und zum anderen der Frame "individueller Gesetzesbruch", innerhalb derer die Problematisierung der unfreiwilligen Sterilisation als Unrecht nur dann möglich war, wenn es entweder als rassistisch-selektive Praxis interpretiert wurde, die bestimmte Personen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe betraf, oder wenn die Opfer glaubhaft machen konnten, dass ihre Sterilisierung den gesetzlichen Regelungen widersprochen hat. Beide Frames schließen große Teile der unfreiwillig sterilisierten Personen aus Entschädigungsregelungen aus und verlängern im Zweifel sogar noch deren Stigmatisierung und Marginalisierung: nämlich diejenigen, die sich nicht auf eine Gruppenzugehörigkeit berufen können oder wollen sowie diejenigen, deren Sterilisierung nach den jeweiligen Gesetzen legal gewesen sind. Die den Politiken der unfreiwilligen Sterilisation unterliegende biopolitische Rationalität des Management und der Verbesserung der Zusammensetzung, der Gesundheit und Produktivität der Bevölkerung, die inhärent einer Logik der Klassifizierung und Kategorisierung sowie der Setzung bestimmter Richtmaße und der Markierung von Norm und Abweichungen folgt, kann in Begriffen der "Gruppendiskriminierung" und des "individuellen Gesetzesbruchs" nicht Gegenstand der Auseinandersetzung werden. Vielmehr wird die Praxis der unfreiwilligen Sterilisation inhärent sogar bestätigt, wenn nur (rassistische oder individuelle) Abweichungen von der legalen Praxis problematisierbar sind.

Publications

  • "The long shadow of biopolitical rationality: coming to terms with Nazi-sterilization policy in Germany (or not)." Historical Justice and Memory Network
    Braun, Kathrin & Svea L. Herrmann
  • "Excluded victims: the role of civil society in the politics of reparations for victims of Nazi sterilisation policy in post-war Germany". Conference Civil Society and Reconciliation in Comparative Perspective, 4 June 2009, London School of Economics and Political Science
    Svea Herrmann and Kathrin Braun
  • "Science, human rights violation or Nazi injustice? The politics of (non)reparations for victims of Nazi sterilisation policy in post war Germany." Conference on Bodily Citizenship in Transnational Spaces, May 18- 19, 2009, Södertörn University Stockholm
    Kathrin Braun
  • "Interpretative Policy Analysis and the Politics of Historic Justice", Interpretative Policy Analysis Conference 23-25 June 2010, Grenoble
    Kathrin Braun
  • (2010) "Der Geist des Gesetzes: Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses und der Umgang mit den Opfern in der Bundesrepublik"
    Herrmann, Svea L. & Kathrin Braun
  • (2010). "Das Gesetz, das nicht aufhebbar ist: Vom Umgang mit den Opfern der NS-Zwangssterilisation in der Bundesrepublik." In: Kritische Justiz, Vol. 43, Issue 3, 338-352
    Herrmann, Svea L. & Kathrin Braun
  • Excluded victims: "The Politics of (Non)Reparations for Nazi-Sterilization", Center for Baltic and East European Studies (CBEES) Seminar Series, Söderntörn University, 1 Nov 2010, Huddinge near Stockholm
    Kathrin Braun
  • "Norm-Related Discrimination and the Politics of Reparations. Victims' Struggles for Rehabilitation and Reparations for Involuntary Sterilization in Norway, Germany, and the Czech Republic", General ECPR Conference in Reykjavik, August 2011, section Human Rights and Transitional Justice in postconflict societies and periods of democratization, panel Human Rights, Democratization and the Politics of Historic Justice
    Svea Luise Herrmann
 
 

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