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Molekulare und genomische Charakterisierung der Hybridisierung zwischen Ziegen und Schafen
Antragsteller
Dr. Clemens Falker-Gieske
Fachliche Zuordnung
Tierzucht, Tierernährung, Tierhaltung
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 554546015
Die Hybridisierung unter Säugetieren ist ein evolutionärer Mechanismus zur Artbildung (Speziation). Das Auftreten von Ziege-Schaf-Hybriden ist selten und bei der Mehrzahl der beschriebenen Fälle handelte es sich um die Paarung von Schafsböcken mit weiblichen Ziegen. Es wird vermutet, dass chromosomale Inkompatibilitäten ein Überwinden der Speziesbarriere erschweren. Schafe verfügen über 54, Ziegen dagegen über 60 Chromosomen. Im März 2014 kam es zu der seltenen Geburt eines weiblichen Ziege-Schaf-Hybrids mit 57 Chromosomen, dessen Eltern ein Ziegenbock und ein weibliches Schaf waren. Ziege-Schaf-Hybride gelten allgemein als steril, wohingegen der beschriebene Fall im Jahr 2018 an Schwangerschaftskomplikationen verendet ist. Bei erfolgreicher Geburt wäre das bereits weit entwickelte Lamm per Definition einer neuen Spezies zuzuordnen gewesen. Die durchgeführten Vorarbeiten basieren auf RNA-Sequenzierungen des Blutes des Ziege-Schaf-Hybrids und dessen Eltern. Es konnte gezeigt werden, dass die Prägungsmuster (Imprinting) einer Vielzahl von Genen von beschriebenen Mustern abweichen, was zur Überwindung der Speziesinkompatibilität beigetragen haben könnte. Ferner konnten wir zeigen, dass der Hybrid offenbar unter einer Autoimmunerkrankung litt, die durch das unvollständige Abschalten von sogenannten Barriere-Loci und Immunglobulin-Inkompatibilitäten verursacht wurde. Gemäß des Dobzhansky-Muller Inkompatibilitätsmodels sind Proteine, die innerhalb einer Spezies, aber nicht zwischen hybridisierenden Spezies interagieren, potenzielle Barriere-Loci. Auffällig viele Gene, die im Blut des Hybriden von nur einem Elternteil exprimiert waren, sind Gene des Immunsystems, deren Genprodukte bekannte Interaktionspartner sind. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens werden die Genome der vier Individuen - Vater, Mutter, Ziege-Schaf-Hybrid und dessen Fötus - durch Kombination von long- und short-read Sequenzierungsmethoden assembliert. Dies wird Aufschluss darüber geben, welche genetischen Mechanismen ein Überwinden der Speziesbarriere ermöglicht haben. Ferner werden per In-vitro-Fertilisation hybride Ziege-Schaf-Embryonen erzeugt und mit Schaf- sowie Ziegenembryonen verglichen. Dabei soll ermittelt werden, ob bereits im frühen Embryonalstadium Abweichungen im Imprinting von Genen zur Entstehung hybrider Säugetiere beitragen. Um experimentell zu ermitteln, ob Autoimmunreaktionen das Überwinden der Speziesbarriere erschweren, werden embryonale Stammzelllinien erzeugt und zu Immunzellen ausdifferenziert. Dies wird Aufschluss darüber geben, inwiefern die Immuninkompatibilität zwischen Ziegen und Schafen zur Expression von Autoimmungenen beiträgt. Die durch dieses Experiment identifizierten potenziellen Barriere-Loci werden mittels Protein-Interaktions-Messungen validiert. Die gewonnenen Erkenntnisse werden Aufschluss über die genetischen und molekularen Mechanismen der Artbildung zwischen Säugetieren liefern, welche bislang weitgehend auf Theorien und Annahmen basieren.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortliche
Professor Dr. Jörn Kalinowski; Professor Dr. Jens Tetens