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Wassersuche jenseits moderner Infrastrukturen im 19. und 20. Jahrhundert
Antragsteller
Dr. Robert Pursche
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 554246738
In der Geschichte des modernen Imperialismus seit dem Ende des 19. Jahrhunderts war die Kontrolle über Wasserressourcen ein zentrales Element imperialer Expansionsbestrebungen. Die Umweltgeschichte hat sich deshalb vor allem dem Bau moderner Infrastrukturen als „Muster der Modere“ (Dirk van Laak) gewidmet, insbesondere in imperialen und kolonialen Kontexten. Mein Projekt untersucht ein Problem, das darin bisher übersehen wurde: Wie wurde nach Wasser gesucht, wo es weder natürliche Wasservorkommen noch bereits bestehende Infrastrukturen gab? Was passierte vor dem Vollzug imperialer Expansion und in den Zwischenräumen der „Muster der Moderne“? Indem ich die Wissensbestände und Praktiken der Wassersuche ins Zentrum meiner Untersuchung rücke, ermögliche ich einen neuen Blick auf die Geschichte des modernen Imperialismus aus einer wissens- und umwelthistorischen Perspektive. So werden die unsicheren, eher tastenden Phasen imperialer Landnahme ebenso sichtbar wie Momente des Scheiterns menschlicher Naturbeherrschung. Ich konzentriere mich auf die Wassersuche im Südwesten Afrikas, im Osten Afrikas und in Nordamerika im Zeitraum zwischen ca. 1880 bis ca. 1960. Diese Regionen sind mit der Geschichte dreier (sehr unterschiedlicher) Imperien verbunden: dem British Empire, dem Deutschen Reich sowie den USA. Der Untersuchungszeitraum ermöglicht mir, verschiedene historische Konstellationen zu erforschen: über koloniale Kooperationen zwischen den Imperien über die Epoche der Weltkriege hinweg bis in die Zeit der Dekolonisation. Die methodische Innovation meiner Arbeit besteht darin, die Wassersuche in transimperialer Perspektive zu untersuchen. Dadurch werde ich die bisher vor allem nationalgeschichtlich ausgerichtete Forschung erweitern. Alle der drei genannten Imperien sahen sich in ihren Expansionsbestrebungen mit dem Problem des Wassermangels konfrontiert. Ich frage deshalb einerseits vergleichend nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten im Wissen sowie in den Techniken der Wassersuche. Andererseits frage ich nach personellen und institutionellen Verflechtungen sowie der Verbreitung von Wissensbeständen über imperiale Grenzen hinweg. Ich wähle dabei drei Zugänge, die sich an unterschiedlichen Wissens- und Praxisformen der Wassersuche ausrichten: erstens die Entwicklung der modernen Hydrogeologie, zweitens das Wünschelrutengehen und drittens die lokalen Wissenstraditionen kolonisierter Akteur:innen wie die Herero und Nama im Südwesten Afrikas. Indem ich diese Zugänge in den gemeinsamen Problemhorizont der Wassersuche stelle, kann ich untersuchen, wie die Grenzen zwischen ‚moderner‘ Wissenschaftlichkeit und ‚rückständigem‘ Aberglauben in den imperialen Peripherien neu ausgehandelt wurden: Zunächst im klassischen Sinne der „Zivilisierungsmission“ zwischen Kolonialisten und Kolonisierten, vor allem aber auch innerhalb der Imperien und zwischen den Imperien selbst, nämlich anhand des Konflikts zwischen Wünschelrutengängerei und der Hydrogeologie.
DFG-Verfahren
WBP Stelle