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Die Anfänge des Teeanbaus in Indien. Wissenstransfer und imperiale Staatlichkeit in der Peripherie
Antragsteller
Professor Dr. Martin Krieger
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 553318993
Das Projekt untersucht die Anfänge des Teeanbaus in Britisch-Indien (1820er-1860er Jahre). In dieser Zeit folgten auf eine erste territoriale wie auch kulturelle Aneignung von Land und die botanische sowie geologische Exploration die Anlage von Versuchspflanzungen und schließlich die Implementierung einer imperialen Plantagenwirtschaft. Dieser Prozess vollzog sich ganz überwiegend in geographisch peripheren Regionen des indischen Subkontinents, die erst kurz zuvor in den britischen Machtbereich integriert worden waren (Assam, Cachar, Darjeeling, Kumaon und Saharanpur im Norden sowie die Nilgiris im Süden). Das Projekt fragt nach der Relevanz des Teeanbaus für die Integration jener peripheren Regionen in den britisch-indischen Staat. Dabei geht es von der Annahme aus, dass der frühe Teeanbau nicht allein ökonomischen Triebkräften unterlag, sondern dass er in großem Maße auch einen kulturellen Aneignungsprozess implizierte und multiethnischer sowie multigeschlechtlicher sozialer Interaktion unterlag. Methodisch schöpft das Vorhaben aus der reichen globalgeschichtlichen Forschung der vergangenen beiden Jahrzehnte mit wissens- und naturgeschichtlichem Fokus. Insbesondere stützt es sich auf die von Arnold und Fischer-Tiné entwickelten Konzepte der Wissensgenese im imperialen Kontext, wonach sich naturkundliches, botanisches Wissen nicht allein im Machtzentrum, sondern in mindestens ebenso bedeutender Weise in der imperialen Peripherie entwickelte. Dabei war Wissen nicht per se „europäisch“, sondern wurde auf vielfältige Weise durch Interaktion mit indigenen Wissensträgern generiert. Während die Geschichte des Tees insgesamt, nicht zuletzt durch eigene Beiträge des Antragstellers, bereits gut erforscht ist, gilt das für die Anfänge des Teeanbaus in Indien nicht. Zur Untersuchung dieses bislang kaum mehr als lückenhaft untersuchten Themas steht ein breites Repertoire an unveröffentlichten Quellen zur Verfügung. So wird das Projekt neben die Dokumente der India Office Records (London) und anderer einschlägiger britischer Archive auch Material aus indischen Staatsarchiven und von botanischen Forschungseinrichtungen sowie der Basler Mission in den Blick nehmen. Das Vorhaben gliedert sich in acht Arbeitsschritte, die sich jeweils spezifischen Teilfragestellungen widmen: der Exploration und kulturellen Aneignung der in Frage kommenden Anbaugebiete; der Sammlung von Tee-Wissen durch die Europäer unter Einbeziehung indischer und chinesischer Akteure in der Anfangszeit; der Identifizierung „wilder“ indischer Teepflanzen und dem frühen Transfer chinesischer Pflanzen; der Anlage von Versuchspflanzungen. Ebenso werden die Anlage früher Plantagen durch die East India Company und später privater Akteure betrachtet. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den geschlechtsspezifischen und sozialen Strukturen der frühen Teeplantagen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen