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Kristallisationspunkte im Themenraum: NGOs, Handelspolitik und der Globalization Backlash

Fachliche Zuordnung Wirtschaftspolitik, Angewandte Volkswirtschaftslehre
Wirtschaftstheorie
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 552944111
 
In den letzten Jahrzehnten haben westliche Gesellschaften zunehmend Rückschläge bei der ökonomischen Globalisierung erlebt: einen regelrechten „Globalization Backlash“ (z.B. Colantone, Ottaviano, und Stanig, Handb. Int. Econ, 2022). Advocacy-NGOs wie Greenpeace, Attac oder das Rainforest Action Network spielen eine zentrale Rolle in dieser Entwicklung. Mit massiven und gut organisierten Kampagnen üben sie starken Druck sowohl auf Unternehmen (z.B. in Bezug auf ihre Internationalisierungs- und Beschaffungsstrategien) als auch auf Regierungen aus, wie das spektakuläre Scheitern des Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) zwischen der EU und den USA im Jahr 2016 verdeutlicht. Unser Projekt baut auf der neueren Literatur zur Rolle von NGOs im internationalen Handel auf und kombiniert sie mit Elementen von Grossman und Helpman (ReStud, 2021), die argumentieren, dass Ökonomen ihr Instrumentarium um die Theorie der sozialen Identität (Social Identity Theory) erweitern sollten, um Anti-Globalisierungstendenzen zu verstehen. Die zentrale Prämisse – und Neuheit – dieses Projekts ist, dass NGOs als „Kristallisationspunkte“ der sozialen Identifikation von Verbrauchern und Wählern fungieren und dadurch Kampagnen und Proteste sowohl gegen Unternehmen als auch gegen Regierungen gestalten. In der ersten Forschungslinie (RL1) untersuchen wir die Kristallisationspunkte, die NGOs im „Themenraum“ (Issue-Space) setzen. Zu diesem Zweck soll die langjährige Zusammenarbeit mit Pamina Koenig und Thierry Verdier (beide Paris School of Economics, PSE) fortgesetzt werden. Wir haben privilegierten Zugang zum besten derzeit verfügbaren Datensatz über globale NGO-Kampagnen gegen Unternehmen mit 102.532 Kampagnen von 4.343 NGOs gegen 11.429 Firmen in 172 Ländern über 10 Jahre, wobei jeder Kampagne mindestens eines von 736 Themen zugeordnet ist. In RL1/1 werden wir zunächst die endogene Bandbreite an Themen auf NGO-Ebene untersuchen. Inspiriert von jüngsten Entwicklungen in der Literatur über Mehrproduktunternehmen im „Produktraum“ wird RL1/2 den Kristallisationspunkt jeder NGO im "Themenraum" analysieren, ihn mit denen der anderen NGOs in Bezug setzen und die Ergebnisse mit der in RL2/2 zu entwickelnden Theorie verknüpfen. In der zweiten Forschungslinie (RL2) nehmen wir eine theoretische Perspektive ein und betrachten NGOs und den Globalisierungs-Backlash durch den Blickwinkel der Theorie der sozialen Identität. Wir analysieren die massiven NGO-geführten Proteste gegen Freihandelsabkommen wie TTIP und schlagen ein Modell von Handelsverhandlungen vor, bei dem NGOs Kristallisationspunkte im Themenraum setzen, die das Maximierungsproblem der Regierung verändern und das Potential haben, ihre Position in den Verhandlungen umzukehren (RL2/1). In Kooperation mit Thierry Verdier (PSE), nutzen wir unseren Ansatz, NGOs als Kristallisationspunkte sozialer Identität zu interpretieren, für einen methodischen Beitrag zur mikroökonomischen Analyse des NGO-Sektors (RL2/2).
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Frankreich
Kooperationspartnerinnen / Kooperationspartner Professorin Dr. Pamina Koenig; Professor Dr. Thierry Verdier
 
 

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