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Empathie, Mitgefühl und mentaler Voyeurismus
Antragsteller
Radu Bumbacea, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Praktische Philosophie
Theoretische Philosophie
Theoretische Philosophie
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 552619687
Das vorgeschlagene Projekt zielt darauf ab, unser Verständnis einer Gruppe von Phänomenen zu verbessern, die üblicherweise unter dem Stichwort „Empathie“ zusammengefasst werden. Die Relevanz solcher Phänomene ist im Allgemeinen unbestritten und es liegt eine umfangreiche Literatur in Bezug auf ihren Wert vor. Was jedoch bislang weniger untersucht wurde, sind die Fragen, unter welchen Bedingungen Empathie möglich oder überhaupt wünschenswert ist. Diese Forschungslücke möchte ich schließen, indem ich für die folgenden drei Thesen argumentiere: Erstens: In der philosophischen Literatur wird der Begriff ‘affektive Empathie’ benutzt, wenn es darum geht, dass zwei Personen sehr ähnliche Emotionen haben. Dieser Zustand wird üblicherweise als die bedeutendste Form des Mitgefühls mit einer anderen Person behandelt. Wie ich jedoch zeigen werde, ist affektive Empathie in vielen Fällen gar nicht möglich. Dies liegt daran, dass die Emotionen anderer Personen auf einer unmittelbaren Beziehung zu deren Umwelt beruhen, die wir als Empathie Empfindende nicht teilen: So setzt etwa die Trauer, welche jemand beim Verlust eines Freundes empfindet voraus, dass diese Person als Freund betrachtet wird. Diese Perspektive können wir einnehmen nur dann, wenn diese Person tatsächlich auch unser Freund ist. Affektive Empathie scheint also nur dann möglich zu sein, wenn wir uns ein Projekt einer anderen Person selbst zu eigen machen, und zwar so, dass dies nicht vollständig von dieser anderen Person abhängig ist. In anderen Fällen besteht die normale und wertvolle Form des Mitgefühls darin, Emotionen in Bezug auf die Emotionen des anderen zu haben. Zweitens, möchte ich den Begriff der “imaginative Empathie” diskutieren. Dieser bezeichnet die Imagination der Emotionen einer anderen Person aus einer Innenperspektive ohne dabei jedoch diese Emotionen als eigene Gefühle selbst zu erleben. Hier vertrete ich die These, dass unsere eigenen Emotionen für die Imagination fremder Emotionen maßgeblich sein sollten. Denn wenn unsere Imagination durch bloße Neugier motiviert ist, ohne dabei eine Tiefere Verbindung aufzubauen, machen wir uns einer Form des mentalen Voyeurismus schuldig. Lediglich wissen zu wollen, wie sich der Andere fühlt, bedeutet die mentalen Zustände von anderen Personen nur als eine Form der Unterhaltung und damit ohne den gebührenden Respekt zu behandeln. Drittens möchte ich zeigen, dass eine Diskussion imaginativer Zugänge zu Emotionen Fortschritte beim Verständnis und der Bewertung narrativer Kunstformen ermöglicht. Wenn ein literarisches Werk dazu einlädt, das mentale Leben einer Figur zu erkunden, also ihre Emotionen detailliert vorzustellen, dann sollte dieses Werk in irgendeiner Weise eine Motivation für solche Erkundungen bereitstellen. Hier eröffnet sich eine interessante Möglichkeit: Denn wenn die Motivation in bloßer Neugierde auf die Imagination von unterhaltsamen Emotionen besteht, setzt sich das entsprechende Werk dem Vorwurf des Voyeurismus aus.
DFG-Verfahren
WBP Stelle