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Subjects on the Move – Die Grenzen der Menschenrechte navigieren (NAVIG)
Antragstellerin
Professorin Dr. Nora Markard
Fachliche Zuordnung
Grundlagen des Rechts und der Rechtswissenschaft
Öffentliches Recht
Öffentliches Recht
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 550179582
Menschen- und Flüchtlingsrechte sind als doppelter Schutz gegen die Rechtlosigkeit konzipiert: innerhalb des Heimatstaats und, als Auffangschutz, im Ausland. Im Zusammenspiel sollen sie den Anspruch universaler Menschenrechte einlösen. Doch diese menschenrechtliche Nachkriegsordnung wird im Zuge zunehmender Abhängigkeiten und Konflikte immer mehr in Frage gestellt. Dabei steht regelmäßig die Praxis der Staaten im Zentrum. Demgegenüber nimmt NAVIG die Perspektive mobiler, migrantischer Subjekte, der subjects on the move (Nail 2015) zum Ausgangspunkt, die die Grenzen des Rechts navigieren. Die Arbeitshypothese: Mobile Subjekte nehmen die Menschenrechte nicht nur in Anspruch und werden durch sie als Rechtssubjekte konstituiert, sie formen und gestalten die Menschenrechte in ihren Praxen mit. Das Recht und seine Subjekte sind ko-konstitutiv: Indem letztere sich auf verschiedene Weisen in das Recht einschreiben, werden sie zu Ko-Autor:innen der Menschenrechte. Sie sind subjects on the move in einem doppelten Sinne: Sie sind nicht nur geografisch in Bewegung, sondern verschieben – sich im Recht entwerfend – auch den Subjektbegriff selbst. Um sie mit ihren Strategien, Subjektivitäten und Lebensformen in rechtliche Fragestellungen zu integrieren, wählt das Projekt einen praxistheoretischen Ansatz, der die Bezugnahme auf Menschen- und Flüchtlingsrechte in der Praxis als Form rechtlicher Reflexivität untersucht. Andererseits betont es das latente symbolische Versprechen der Menschenrechte, das gegenüber dem notwendig bestimmten, konkret geltenden und angewandten Recht begrifflich offenbleibt. Drei Forschungsvorhaben fokussieren exemplarisch Facetten des Aushandelns der Grenzen des Rechts und fragen so nach dessen Reflexivität: (1) die historische Grenze in Form des kategorischen Ausschlusses der kolonialen Subjekte aus der EMRK (juridische Reflexivität); (2) die prozessuale Grenze beim kategorischen Einschluss von subjects on the move in die Menschenrechte im Asylverfahren (normative Reflexivität); (3) die geografische Grenze als Ort des kategorischen Einschlusses ohne Verfahren, der im faktischen Ausschluss von subjects on the move resultiert (politische Reflexivität). Hierbei sind drei Untersuchungsdimensionen leitend: (1) Die Universalität (der Menschenrechte) setzt bei deren Anspruch an, jedem Menschen subjektive Rechte einzuräumen, der nie vollständig einlösbar ist, aber stets auf Inklusion drängt. (2) Mit dem Humanismus (des „anderen“ Menschen) stellt NAVIG den von den Menschenrechten internalisierten ethischen, transzendenten Anspruch scharf, der den Bezugspunkt für Prozesse des Einschreibens von subjects on the move bietet. (3) Mit der Konstitutionalisierung (des Normativen) nimmt NAVIG die Grenzverhältnisse der Menschenrechte zu anderen Regime in den Blick, in denen die Einschreibungspraxen der subjects on the move als Konstitutionalisierung „von unten“ erscheinen und als Politisierung der Grenze ein neues, transnationales „Wir“ entwerfen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen