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Vom Schall zur Erwartung: Bildung, Aufrechterhaltung und flexible Anpassung von prädiktiven Modellen der auditiven Umwelt
Antragstellerin
Dr. Nina Coy
Fachliche Zuordnung
Biologische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaften
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 548511234
Moderne Theorien der prädiktiven Verarbeitung im menschlichen Gehirn gehen davon aus, dass vorherige Erfahrungen (z.B. wiederkehrende Schall-Informationen) vom auditiven System genutzt werden, um hierarchische interne Modelle der Hör-Umwelt zu bilden. Aus diesen Modellen können Erwartungen über wahrscheinliche auditive Ereignisse in unmittelbarer Zukunft abgeleitet werden. Im Labor wird auditive Prädiktion üblicherweise untersucht, indem eine Regularität in einer Tonsequenz aufgebaut wird. Anschließend werden Hirn- und/oder Verhaltensreaktionen zwischen Stimuli verglichen, die dieser etablierten Regularität entsprechen (Standards), und solchen, die sie verletzen (Deviants). Es besteht Konsens darüber, dass Deviants ein potentes Mittel sind, um Vorhersagefehler zu erzeugen und/oder die Extraktion der Standardregularität zu prüfen. Gleichwohl ist nicht gut verstanden, was mit dem zugrunde liegenden Modell nach einer verletzten Vorhersage geschieht und wie sich interne Modelle überhaupt zusammensetzen. Das Projekt wird dazu beitragen, den Aufbau interner Modelle besser zu verstehen, indem die Auswirkungen von Deviants auf und ihre potenzielle Repräsentation in diesen Modellen systematisch untersucht werden. Die Untersuchung dieses neuen Aspekts - die Rolle von Deviants für interne Modelle - wird durch gezielte Anpassung klassischer Paradigmen (z.B. Oddball, Roving Standard) ermöglicht. In mehreren Experimenten werden die neuen Paradigmen mit Verhaltens- und elektroenzephalografischen Messungen (z.B. auditive ereigniskorrelierte Potenziale) kombiniert, um die beteiligten mentalen Prozesse zu charakterisieren. Mit diesen Methoden wird das Projekt erstens den Einfluss aktueller Verhaltensziele darauf untersuchen, welche Informationen in internen Modellen repräsentiert sind und zur Vorhersage ausgewählt werden. Damit wird die flexible Anpassung interner Modelle an die gegenwärtigen Hörbedürfnisse der Person überprüft. Zweitens wird die Flexibilität bei der Bildung und Auswahl auditiver prädiktiver Repräsentationen untersucht. Dies beinhaltet die Frage nach der gleichzeitigen Repräsentation mehr als einer auditiven Regularität, auch wenn die Regularitäten auf verschiedenen Zeitskalen angesiedelt sind. Drittens werden Deviants und ihr prädiktives Potenzial in Abhängigkeit vom Kontext erforscht. Hier werden transiente Deviants, die nur eine vorübergehende Abweichung darstellen, mit persistenten Deviants verglichen, die selbst zu einer neuen Standardregularität werden. Insgesamt zielt das Projekt darauf ab, die Relevanz und das Zusammenspiel verschiedener Arten prädiktiver Informationen zu bestimmen, die Konzeptualisierung auditiver interner Modelle voranzubringen und aufzudecken, wie flexibel das auditive System darin ist, diese Modelle an die aktuellen Anforderungen anzupassen. Die Erkenntnisse aus diesem Projekt werden nicht nur für das Gebiet der auditiven Verarbeitung relevant sein, sondern auch für Prädiktion und kognitive Flexibilität im Allgemeinen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortliche
Professorin Dr. Alexandra Bendixen; Dr. Sabine Grimm