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Das adaptive Immunsystem kieferloser Wirbeltiere

Antragsteller Dr. Thomas Boehm
Fachliche Zuordnung Immunologie
Förderung Förderung seit 2025
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 545620134
 
Vor etwa 500 Millionen Jahren entstanden die ersten Wirbeltiere, die über ein radikal umstrukturiertes Immunsystem verfügten. Neuartige adaptive Immunfunktionen wurden mit hochentwickelten, aber weitgehend stereotypen evolutionär älteren angeborenen Immunfunktionen integriert. Überraschenderweise scheint sich adaptive Immunität in den frühen Phasen der Wirbeltierentwicklung mindestens zweimal unabhängig voneinander entwickelt zu haben. Die mehr als 60.000 Arten kiefertragender Wirbeltiere (sogenannte Kiefermäuler, von Knorpelfischen bis zum Menschen) nutzen Rag1/2-vermittelte Rekombination genomischer DNA zur Assemblierung von Antikörper- und T-Zell-Rezeptor-Genen, deren strukturelle Gemeinsamkeit die sogenannte Immunglobulindomäne ist. Im Gegensatz dazu nutzen die etwa 200 Arten kieferloser Wirbeltiere (sogenannte Rundmäuler; Neunaugen und Schleimaale) eine Cytidin-Deaminase (CDA)-vermittelte Assemblierung von für leuzinreiche Domänen kodierende Genomkassetten, um funktionelle variable Lymphozytenrezeptoregene (VLR) zu bilden. Die Mechanismen, die der Entwicklung des Immunsystems von Kiefermäulern zugrunde liegen, sind gut bekannt; im Gegensatz dazu steckt die Untersuchung des Immunsystems von Rundmäulern noch in den Kinderschuhen. Das vorliegende Projekt zielt darauf ab, die zellulären und molekularen Determinanten des lymphoiden Systems des Neunauges aufzuklären, wobei wir uns unsere jüngsten Fortschritte bei der Haltung und der genetischen Untersuchung mit dem CRISPR/Cas9-System von Neunaugen zunutze machen wollen. Insbesondere wollen wir Schlüsselmerkmale herausarbeiten für (i) die Lymphozytenentwicklung welche zur Bildung der verschiedenen B- und T-Zelltypen führt; (ii) die Bildung lymphatischer Organe, wie des Thymus-Äquivalents (Thymoid) und allgemeiner hämatopoetischer Organe, und die Verteilung von Lymphozyten in verschiedenen Organen, mit einem Schwerpunkt auf Schleimhäute und Darm sowie (iii) die Diversität der primären VLR-Repertoires und ihrer anschließenden Veränderung durch Selektion und im Zusammenhang mit Immunreaktionen. Schließlich stehen (iv) Arbeiten zur Etablierung von in-vitro-Systemen zur Untersuchung der Cytidin-Desaminase-basierten Assemblierung von VLR-Genen im Interesse, um die substrat- und artspezifischen Merkmale dieser Reaktionen zu bestimmen. Die detaillierte Beschreibung des lymphoiden Systems des Neunauges, die sich aus diesen Studien ergeben soll, wird die Grundlage für gruppenspezifische Vergleiche bilden, um die Gestaltungsprinzipien der adaptiven Immunität bei Wirbeltieren auszuleuchten und das Immunsystem des gemeinsamen Vorfahren der Wirbeltiere zu rekonstruieren.
DFG-Verfahren Reinhart Koselleck-Projekte
 
 

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