Soziale Kontexte als potentielle Grenzen der Wirkung von Vorsätzen beim Verfolgen kollektiver und individueller Ziele
Final Report Abstract
Ein zentrales Forschungsgebiet in der Motivationspsychologie ist die Steuerung von Handlungen durch Intentionen. Dabei werden zwei Arten von Intention unterschieden: Zielintentionen („Ich will Ziel X erreichen!“) und Durchführungsintentionen (Vorsätze; „Wenn Situation Y eintritt, dann werde ich Verhalten Z ausführen!“). Zielintentionen reichen oft nicht aus, um das erfolgreiche Erreichen eines Ziels zu gewährleisten. Hier hat sich das Planen wann, wo, und wie man beabsichtigt, eine bestimmte Zielintention zu verfolgen im Rahmen von Vorsätzen als effektive Selbstregulationsstrategie erwiesen, um das Zielstreben zu verbessern. Bislang fehlten allerdings systematische Untersuchungen, ob soziale Kontextvariablen eine potentielle Grenze der Wirksamkeit von Vorsätzen beim Verfolgen kollektiver und individueller Ziele darstellen. Das vorliegende Forschungsprogramm erlaubt es, Antworten auf diese Frage zu geben. So gelang es mit Vorsätzen schwer zu lösende Probleme beim Umsetzen kollektiver wie auch individueller Zielintentionen zu überwinden: Beim Streben nach kollektiven Ziele waren Kleingruppen mit Vorsätzen erfolgreicher darin, ihr Verhalten adaptiv an sich verschlechternde Rahmenbedingungen anzupassen ("sunk cost" Phänomen), auch bei ungleich in der Gruppe verteilten Informationen gute Gruppenentscheidungen zu treffen ("hidden profile" Phänomen), eine Kooperationsaufgabe im Schulkontext trotz konkurrierender individueller Ziele zu bearbeiten („mixed-motive“ Aufgabe, Kooperation Entwicklungspsychologie) und eine interdependente Gruppenaufgaben zu bearbeiten. Als Grenze der intentionalen Handlungskontrolle mit Vorsätzen bei kollektiven Zielen fanden wir, dass niedrige individuelle Erfolgserwartungen trotz hoher kollektiver Erfolgserwartungen die Vorsatzwirkung begrenzen. Beim Streben nach individuellen Zielen waren Personen mit Vorsätzen erfolgreicher darin, subtilen sozialen Einflüssen zu widerstehen, die das Zielstreben bedrohten (die Reziprozitätsnorm persönliche Informationen preiszugeben, das Nachahmen der Körperhaltungen zur Überredung [Mimikry] und die Aktivierung negativer Selbststereotype [Stereotype Threat]). Dies äußerte sich in einer geringeren Preisgabe persönlicher Informationen, geringeren Überredungseffekten und in ausbleibenden Einbußen in einem Leistungstest mit aufgabenerleichternden Vorsätzen. Als Grenzen der intentionalen Handlungskontrolle mit Vorsätzen bei individuellen Zielen fanden wir, dass das soziale Teilen von Vorsätzen nicht die Durchführungsquote physiotherapeutischer Übungen erhöhte und ablenkungsverhindernde Vorsätze die Beeinträchtigung der Leistungsqualität von Frauen in einem Mathematiktest durch die Aktivierung von negativen Stereotypen nicht verbesserte. Zusammenfassend belegen diese Befunde weitgehend die Wirksamkeit von Vorsätzen in sozialen Kontexten, zeigen aber auch Grenzen ihrer Wirksamkeit auf. Zu diesen Befunden ist hervorzuheben, dass insbesondere die Kooperationen mit der Philosophie, Rechtswissenschaft, Entwicklungs- und Neuropsychologie das Verständnis der intentionalen Handlungskontrolle konzeptuell und methodisch bereichert haben, aus denen sich konkrete Implikationen sowohl für die kooperierenden Disziplinen als auch für die sozial- und motivationspsychologische Forschung zur Verhaltensänderung ergeben. Im Sinne der forschergruppenübergreifenden Fragestellung nach den Grenzen der Absichtlichkeit zeigte das Teilprojekt Motivation somit auf, dass nicht für alle Intentionen die gleichen Grenzen gelten. So wurden Grenzen der absichtlichen Handlungskontrolle mit Zielintentionen in sozialen Kontexten gefunden, die durch das Planen mit Vorsätzen in den meisten der untersuchten sozialen Kontexte erfolgreich verschoben werden konnten.
Publications
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