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Molekulare und verhaltensgenetische Charakterisierung des S6KII (ignorant)-Gens von Drosophila melanogaster

Fachliche Zuordnung Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung Förderung von 2005 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5451477
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Gen ignorant (ign) der Taufliege kodiert das Enzym p90 ribosomale S6Kinase II. Mutationen in diesem Gen verursachen Lern-/Gedächtnisdefekte. Mutationen im entsprechenden Gen des Menschen (rsk2) bewirken u.a. kognitive Schäden (Coffin-Lowry- Syndrom). Bei der Fliege zeichnen sich die ign-Mutanten dadurch aus, dass sie in den beiden Grundformen des Lernens, dem operanten und dem klassischen, sehr unterschiedliche Defekte hervorrufen. Im Förderungszeitraum wurde gezeigt, dass die Lern-/Gedächtnisdefekte in den ign-Mutanten mittels eines Transgens der genomischen DNA wie auch der cDNA behoben werden können. Für das klassische olfaktorische Lernen ist es hinreichend, wenn funktionsfähige Kinase in den ca. 700 Kenyonzellen der Pilzkörper vorhanden ist, in denen im Wildstamm auch die Gedächtnisspur gespeichert wird. Die Kinase wird erst im Adultstadium benötigt. Verschiedene Hinweise sprechen dafür, dass die Adenylat-Zyklase des rutabaga-Gens und die S6 Kinase II in diesem Lernvorgang in der selben Signalkaskade wirken. Für operantes Lernen wurde ein neues Paradigma entwickelt. Während die Fliege im alten Lernversuch mit Hitze bestraft wird, wenn sie eine Hälfte der Kammer betritt und dadurch lernt diese Seite zu vermeiden (Ortslernen), löst sie im neuen Paradigma durch Stillsitzen die Hitzebestrafung aus. Sie wird auf diese Weise konditioniert mehr zu laufen als entsprechende Kontrollfliegen, die dem gleichen zeitlichen Programm von Hitze und Normaltemperatur ausgesetzt sind aber keinen Einfluss auf die Temperatur haben. Diese Kontrolltiere entwickeln dabei eine Unfähigkeit anschließend das Ortslernen zu bewältigen (Learned Helplessness). Learned Helplessness bei Säugern wird als eine akute Stress- Antwort interpretiert, die sich negativ auf andere Verhaltensleistungen auswirkt. Sie wird mit Depressions-ähnlichen Zuständen des Menschen in Zusammenhang gebracht. Überraschenderweise zeigt sich Learned Helplessness in der Hitzekammer nur bei weiblichen Fliegen. Zudem stellen Antidepressiva die normale Leistung im Ortslernen wieder her. Diese Befunde können jetzt neuro- und verhaltensgenetisch weiter ausgebaut werden. Nachdem Drosophila bereits ein tragfähiges Tiermodell für z. B. Schlaf, Gedächtnis und neuro-degenerative Erkrankungen des Menschen ist, könnte es nun auch eines für Depressions-ähnliche Zustände werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Operant and classical learning in Drosophila melanogaster: the ignorant gene (ign). Dissertation 2008, Würzburg University
    Bertolucci, F
 
 

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