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Untersuchung der Grenzzustände von Papier- und Kartonstrukturen
Antragsteller
Professor Dr.-Ing. Jaan-Willem Simon
Fachliche Zuordnung
Angewandte Mechanik, Statik und Dynamik
Mechanik
Mechanik
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 545144829
Papier und Pappkarton gewinnen in zahlreichen technisch relevanten Anwendungen, insbesondere in der Verpackungsindustrie, an Bedeutung, da sie äußerst vielseitig, erneuerbar und leicht recycelbar sind. Doch obwohl Papier bereits seit etwa 2000 Jahren verwendet wird, ist sein Materialverhalten noch immer nicht ausreichend verstanden und seine Modellierung unterentwickelt. Die Herausforderung bei der Materialmodellierung von Papier liegt in seinem mehrskaligen Aufbau. Auf der Makroskala zeigt Papier ein ausgeprägtes elasto-plastisches Verhalten. Während dieses Verhalten bei technischen Werkstoffen wie Metallen gut verstanden ist, wo mikroskopische Mechanismen wie plastisches Gleiten bekanntlich zu Plastizität auf der Makroskala führen, unterscheiden sich solche Effekte bei Papier signifikant. Der Grund dafür ist die intrinsische Mikrostruktur, die aus einem unstrukturierten Fasernetz besteht. Diese Fasernetzwerkstruktur diktiert das Materialverhalten auf der Makroskala. Das elasto-plastische Verhalten einzelner Fasern, das Brechen einzelner Fasern und die Delamination einzelner Faserbindungen sowie die Reibung zwischen den Fasern führen zu einer Kombination aus Elasto-Plastizität und Schädigung auf der Makroebene, wobei die Elasto-Plastizität bei den meisten praktischen Anwendungen deutlich dominiert. Darüber hinaus sind für Metalle und andere Werkstoffe Grenzzustände des Materials und ihrer Strukturen bekannt und verstanden, selbst für Belastungsszenarien, die sich im Laufe der Zeit ändern - z. B. zyklisch. Solche Grenzzustände sind definiert als der maximale Belastungszustand, bei dem das System noch als "sicher" angesehen werden kann und weder durch alternierende Plastizität (plastische Verformungen mit wechselnden Vorzeichen und geringen plastischen Gesamtdehnungen, die zu einer Ermüdung bei geringer Zyklenzahl führen) noch durch inkrementellen plastischen Kollaps (kontinuierlich wachsende plastische Verformungen, die selbst nach einer geringen Anzahl von Zyklen zum Versagen führen) versagt. Diese sicheren Zustände werden als "Einspielen (shakedown)" bezeichnet. Die Berechnung der strukturellen Tragfähigkeit basierend auf diesen Grenzzuständen ist eine wichtige und anspruchsvolle Aufgabe für Bauingenieur*innen bei der Tragwerksplanung. Bisher wurde die Einspielanalyse von Papier- und Kartonstrukturen überhaupt nicht behandelt, obwohl die gleichen Shakedown-Phänomenen wie z.B. bei Metallen zu erwarten sind. Deshalb besteht das Ziel dieses Projekts darin, die Grenzzustände von Papier- und Kartonstrukturen zu erforschen. Die Ergebnisse werden in ein numerisches Berechnungsprogramm zur Analyse der Grenzzustände von Papier und Pappe implementiert. Das Endergebnis dieses Projekts wird eine numerische Toolbox für Shakedown-Analysen sein, sodass Strukturen aus Papier für eine sichere strukturelle Performanz entworfen und optimiert werden können.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen