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Film und Ethnographie in Deutschland, 1900-1930

Subject Area Theatre and Media Studies
Term from 2005 to 2011
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 5451374
 
Final Report Year 2011

Final Report Abstract

Das Forschungsprojekt „Film und Ethnographie in Deutschland 1900-1930“ untersuchte erstmalig aus einer medienhistorischen Perspektive den Beginn und die Entwicklung des ethnographischen Films im ersten Viertel seiner fast hundertjährigen Geschichte. Im Gegensatz zu bisherigen historiographischen Darstellungen, in denen der frühe ethnographische Film als das Ergebnis der „Experimentierfreude“ vereinzelter Wissenschaftler beschrieben wird, konnte das Projekt durch eine fundierte Auswertung von Museums-, Expeditionsakten und die gründliche Durchsicht einschlägiger Primärliteratur nachweisen, dass es eine organisierte und strukturierte Anwendung des Films in der ethnographischen Beobachtung gab. Die Einführung der Kinematographie folgte im Rahmen einer Modernisierung in der ethnographischen Forschung im Jahr 1903 und wurde in den Folgejahren als festes Instrumentarium zur ethnographischen Beobachtung empfohlen. Der Kontakt zu kommerziellen Filmproduktionsfirmen, die den Ethnographen mit einer Kamera ausrüsteten bzw. begleiteten, scheint ein gängiger Weg gewesen zu sein. Dem Verhältnis von Ethnographie und Kolonialismus kommt eine besondere Bedeutung zu, indem die Anwendung der Kinematographie auf Expeditionsreisen in die Kolonien vertraglich festgeschrieben wurde. Auch wenn sich für den Untersuchungszeitraum weitestgehend eine kontinuierliche Anwendung des Films in der Ethnographie nachweisen läst, gibt es zwei bemerkenswerte Beobachtungen festzustellen. In den Zehner Jahren wird die Anwendung des Films zunehmend kritisch von Ethnographen beurteilt, da man die Aussagekraft der filmischen Darstellung ohne zusätzliche, begleitende Erläuterung anzweifelt. Die beginnende Diskussion über die eigentlichen Möglichkeiten zum Einsatz des Films wird durch den Kriegsbeginn unterbrochen. Weiterhin ungeklärt bleibt, warum die ethnologische Wissenschaft trotz ihres Interesses an kinematographischen Aufnahmen, den Film in ihren Fachpublikationen nicht thematisiert. Erwartungen und Erfahrungswerte konnten, bis auf sehr wenige Ausnahmen, nur aus privaten Korrespondenzen gewonnen werden. Nach dem Krieg widmen sich Ethnographen erneut dem Film, wobei der Erfolg von Robert Flahertys NANUK, DER ESKIMO (USA 1922) für diverse Ethnographen zum Orientierungsmodel für einen ethnographischen Film wird. Eine inhaltliche Bestimmung was ein ethnographischer Film zu leisten hat, bleibt jedoch aus. Das Projekt konnte auf Grund der schwierigen Archivlage nicht in dem Umfang durchgeführt werden wie geplant. Trotz diverser Schwierigkeiten im Projektverlauf, gab es eine Überraschung im Projekt, das ein weiteres Forschungsprojekts entstanden ließ. Ein im Sommer 2008 unternommener Forschungsaufenthalt in Brasilien wurde genutzt, um in Sao Paulo Informationen zu Theodor Koch-Grünbergs Aufenthalt in Brasilien zu sammeln. Auch wenn nur wenige Informationen zu finden waren, offenbarte die Archivrecherche einen Aspekt deutscher Filmgeschichte, der bisher unbekannt war und in den Jahren 2009-2010 weiter vertieft wurde. Die Distribution deutscher Kultur- und Spielfilme in Brasilien in den 20er und 30er Jahren ist zu einem Projekt zur transnationalen Filmgeschichte entwickelt worden. Durch die weitere Auswertung relevanter UFA Akten im Bundesarchiv und im Archiv des Auswärtigen Amtes in Berlin konnte das Projekt bereits wichtige Erkenntnisse zur Bedeutung des südamerikanischen Filmmarktes für die deutsche Filmindustrie gewinnen.

Publications

  • 2006. Überlegungen für eine ‚mögliche’ Geschichte des ethnographischen Films in Deutschland. In: Christian Hissnauer, Andreas Jahn-Sudmann (Hg.) Medien-Zeit-Zeichen (Marburg: Schüren 2006), S. 20-26
    Wolfgang Fuhrmann
  • 2007. First Contact: The Beginning of Ethnographic Filmmaking in Germany, 1900- 1930. In: History of Anthropology Newsletter. vol. 34:1, 2007, p. 3-9
    Wolfgang Fuhrmann
  • 2008. Early ethnographic film and the museum. In: Richard Abel (ed.) Early Cinema and the "National" (London: John Libbey & Company Ltd 2008), S. 285-292
    Wolfgang Fuhrmann
  • 2009. Ethnographie und Film in Deutschland. Anmerkungen zu einem vergessenen Teil deutscher Mediengeschichte. In: Harro Segeberg (Hg.) Referenzen zur Theorie und Geschichte des Realen in den Medien (Marburg: Schüren 2009), S. 82-96
    Wolfgang Fuhrmann
  • 2010. Deutsche Kultur- und Spielfilme im Brasilien der 1930er Jahre. Eine transnationale Perspektive. In: Irmbert Schenk, Margrit Tröhler, Yvonne Zimmermann (Hg.) Film – Kino – Zuschauer: Filmrezeption / Film – Cinema – Spectator: Film Reception (Marburg: Schüren 2010), S. 399-418
    Wolfgang Fuhrmann
  • 2010. Optische Gemälde: Optische Gemälde: Vorläufige Überlegungen zur Ästhetik und Geschichte des ethnographischen Films. In: Volker Gottowik (Hg.), Die Ethnographen des letzten Paradieses (Bielefeld: Transcript 2010), S. 115-128
    Wolfgang Fuhrmann
  • 2010. The aesthetic of prison war camp film in early cinema. In: R. Johler, C. Marchetti, M. Scheer (eds.), Doing Anthropology in Wartime and War Zones. World War I and the Cultural Sciences in Europe (Bielefeld: Transcript 2010), S. 337-345
    Wolfgang Fuhrmann
 
 

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