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Abschätzung der Auswirkungen von kurzzeitigen Klimaschwankungen auf verschiedene archäologische menschliche Bevölkerungen im alten Nahen Osten unter Verwendung von zahnhistologischen und isotopenanalytischen Methoden
Antragsteller
Dr. Carsten Witzel
Fachliche Zuordnung
Ägyptische und Vorderasiatische Altertumswissenschaften
Evolution, Anthropologie
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Evolution, Anthropologie
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 545078333
Die Untersuchung, wie Klimaschwankungen sich auf die Entwicklung und den Fortbestand von menschlichen Gesellschaften in der Vergangenheit auswirkten, ist zu einem großen Thema in der Archäologie geworden. Die Nutzung von klimavariablen Umweltdaten aus geologischen Archiven erlaubt dabei eine Korrelation zwischen Klimaschwankungen und Umbrüchen in der Kultur. Die räumliche und zeitliche Auflösung ist hier jedoch beschränkt und die direkten Auswirkungen auf die körperliche Entwicklung der betroffenen Menschen wird davon nicht erfasst. Dadurch sind auch Schlussfolgerungen über mögliche kausale Zusammenhänge der Schwankungen des Klimas und Änderungen in der materiellen Kultur erschwert. Veränderungen im Verhältnis der stabilen Isotope des Sauerstoffs 16O und 18O ausgedrückt als δ18O-Werte werden weithin zur Analyse von Klimaschwankungen eingesetzt. Erhöhte Verdunstung bei erhöhten Temperaturen bedingt einen stärkeren Übertritt der leichteren 16O Wassermoleküle in die Gasphase und die δ18O-Werte im verbleibenden Wasser steigen. Über dieses Trinkwasser wirkt sich die Isotopensignatur auch auf die Zusammensetzung des Minerals im Zahnschmelz aus, wie es bei der Bildung in der frühen Kindheitsphase eingelagert wird. Unter Verwendung einer Sensitive High-Resolution Ion Microprobe (SHRIMP) werden wir mit etwa zweiwöchiger Auflösung bei jeweils 10 Individuen von verschiedenen Fundplätzen δ18O-Werte in histologisch identifizierten Zuwachszonen im Zahnschmelz über die mehrjährige Bildungsphase messen. Um einbeziehen zu können, wie sich individuelle Mobilität auf die Werte auswirkt, werden ebenfalls das Isotopenverhältnis von Strontium (87Sr/86Sr) und die Gehalte an Spurenelementen untersucht. Wir werden unsere Untersuchung auf zwei Zeitperioden, den Übergang von der Früh- zur Mittelbronzezeit (ca 2200-2000 BCE) und von der Spätbronze- zur Eisenzeit (1200-800 v. Chr.), konzentrieren, für die in der Literatur bereits eine zeitweilig erhöhte Trockenheit und Temperatur angenommen worden ist. Darüber hinaus werden wir zwei ökologisch unterschiedliche geographische Räume untersuchen: Das noch relativ feuchte Nordmesopotamien, mit der Möglichkeit damals Regenfeldbau zu betreiben, und das trockenere Iranische Hochland, in dem nur unter Bewässerung Ackerbau betrieben werden konnte. Dies wird uns in die Lage versetzen, regionale von überregionalen Trends zu unterscheiden. Gleichzeitig können wir die direkten Auswirkung von klimatischen Veränderungen auf die betroffenen Menschen über die Analyse der körperlichen Auswirkungen auf Wachstum und Entwicklung an Hand der Zähne ebenfalls untersuchen. Durch die Kombination von hochaufgelösten Klimadaten für eine große Zahl von Fundplätzen verteilt über die Gesamtregion und der Dokumentation der Rückwirkungen auf die körperliche Entwicklung der Menschen wollen wir einerseits ein neues Klimaarchiv erschließen und andererseits Muster im Hinblick auf Verhaltensanpassung und Kulturwandel im Zuge von Klimaveränderungen aufdecken.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Polen
Kooperationspartner
Professor Dr. Arkadiusz Soltysiak